Volltext: Kriegs-Kalender für das Jahr 1915 (1915)

<34 
den, indem sie fortgesetzt die freudigen Rufe 
ausstiehen: „Un general! Un general!" Bei 
der Lrötzeren Truppenabteilung, bei welcher 
der gefangene Tambourmajor abgeliefert wor¬ 
den war, sah man ihn als deutschen General 
an und behandelte ihn dementsprechend. Bei 
dem bald darauf einsetzenden deutschen Vor¬ 
stotz gelang es dem Manne, zu den Leuten 
seines Truppenkörpers zu entkommen, die hoch¬ 
erfreut waren, ihren „General" wieder in! 
Empfang nehmen zu können. 
„Herr Oberst, ick hab' ein Getckätl!" 
Wahres Eeschichtchen a u s R u tz l a n d. 
In der „B. Z." wird folgende lustige Ge¬ 
schichte erzählt: Die Szene spielt vor einigeil 
Wochen in Libau, dem jüngst.von uns bom¬ 
bardierten russischen Kriegshafen. Schlängelt 
sich da auf dem Bahnhof ein junger Russe 
an einen Ankommenden heran: „Kommen der 
Herr aus Daitschland?" — „33a, warum?" 
— „Nu. vielleicht kann ich Ihnen in was 
nitzlich sein?" — „Ja, was sind Sie denn?" 
— „Grad' bin ich entlassen von de Soldaten." 
— „Na, dann mühte ich nicht, wie Sie mir 
nützen könnten." — „Das sagen .§e nich, 
Herr Kommerzienrat! Bei de Husaren hab' 
ich mir auch verdient 4000 Rubel, norr durch 
Dichtigkeit!" Und er erzählte: 
Seh'n Te. die Sache war so: Mi de 
Husaren hab' ich nich viel zu tun gehabt. Bin 
ich in den Hafen gegangen, sah ich. Wie se Ge¬ 
treide hier haben ausgeladen, hier eingeladen. 
Wie se Holz hier haben ausgeladen/ hier ein¬ 
geladen. Hab-'' ich gefragt, wie viel Arbeiter 
sind hier beschäftigt? Haben se gesagt: 400! 
Hab' ich gefragt, wieviel se pro Tag ver¬ 
dienen? 55 Kopeken! Bin ich gegangen zu 
de« Arbeitgebern, zu fragen, ob es wär" ihnen 
recht, wenn sie kinstig 400 Arbeiter zu 35 
Kopeken den Tag bekämen. Haben se geant¬ 
wortet : Schon! D'rauf bin ich gegangen zum 
Herrn Oberst und hab' ihm gesagt: Herr 
Oberst, ich hab' e Geschäft, da kann der Herr 
Oberst viel Geld verdienen, und der Herr 
Major und der Hauptmann und ich auch 
noch. Im Hafen werden 400 Mann ge¬ 
braucht, stellen wir ihnen 400 Husaren und 
zahlen jedem von ihnen 10 Kopeken den Tag. 
Bleiben schon 25 Kopeken, also 100 Rubel 
pro Tag. Dem Herrn Oberst hat das ein- 
geleucht't, Md ich hab' ihm auch klar gemacht, 
datz, wenn de Husaren arbeiten im Hafen, 
zu was brauchen se noch Pferds? Gut, hat 
der Herr Oberst gesagt, verkaufen Se die 
Pferde! Hab' ich ihm klar gemacht: Der 
Staat wird doch aber weiter liefern den Hafer 
fier de Pferde! Fiel mir der Herr Oberst 
ins Wort: Verkaufen Se 'n Hafer! 's war 
e kluger Mann der Herr Oberst, Mer e Pech¬ 
vogel. Kaum datz er 'n schönes Stick Geh 
verdient, schon kam de Revision vom Hem 
General. Und was soll ich Ihnen sagen, de 
Hälfte von: Gewinn hat er müssen abgeben, 
der Herr Oberst. 
Maggonpoeke. 
Während der Mobilisierung ist eine neu« 
Art Poesie — die Waggonpoesie, hoch in 
Blüte gekommen. Bon dem Guten, das bet 
Augenblick und schlichter Volkssinn da her¬ 
vorgebracht hat, mögen folgende Verse fest¬ 
gehalten sein, die auf Wagen zu lesen waren, 
welche unser heimisches Infanterieregiment auf 
den Kriegsschauplatz befördert haben. D« 
Verfasser hat keine üble dichterische Ader: 
Da Nikolaus z' Rußland 
Hat g'schwor'n und hat g'log'n 
Und jetzt wird eahm dö Haut 
Ueber 'n Kopf abizog'n. 
Und wann mas äst ham, 
Mach ma Hundspeitschen draus 
Und treibn dö Bagasch 
Aus eahnan Diebslandl aus. 
Von Rikita drunt 
Wern ma bald was hör'n. 
Wann 's Landl dahin is 
Muatz er Sauhandla wern. 
Dös G'schäft hat er g'lernt, 
Und 's Lampöstehl'n a, 
War schad, wenn der 
Ohne Beschäftigung war. 
In Serbien drunt, 
Da wackelt schon alls 
Und der Peterl hat Angst 
Um sein Kopf und sein' Hals, 
's is zwar schad um an Strick, 
Wann ma nn so viel ham. 
Aber uns geht's auf dös 
Jetzt schon a nimmer z'samm. 
„3 Kimm glei". 
Aus München wird berichtet: D« 
„höchste" Einberufene im Deutschen Reich « 
der Bergführer Elatz aus Garmisch. D« 
Postamt telephonierte jhm den Befehl naK 
noch auf die Zugspitze. Vom Meteorolog« 
des Observatoriums geweckt, eilte der Wetz 
mann ans Telephon und erwiderte: „Is W 
recht, i limm glei", nahm Stock und N 
und eilte in fünf Stunden vom höchst« 
Gipfel des Deutschen Reiches herunter » 
Tal, um um 7 Uhr morgens noch den Z»! 
nach Weilheim zu erreichen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.