Volltext: Kriegs-Kalender für das Jahr 1915 (1915)

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beiErleichtert »atmete Curzon auf. Wenig, und 
sie wären dem Untergänge geweiht gewesen, 
mt Nachdem der Kurs etwas östlicher gesetzt 
' zsst. Iaht man den Dampfer wieder langsam 
hovorwärts gehen. Zwei Stunden fährt man 
hrfo ins Ungewisse hinein; da lichtet sich der 
hMebel »und am Firmamente steigt in voller 
hvPracht der Mond auf. Langsam gleitet in der 
Ferne ein fast vierhundert Futz langer Eis¬ 
berg »vorüber. 
>b«> „Das ist also einer 
zegvon den Kerlen, des- 
lau! en »Bekanntschaft zu 
•50ttnaäjen wir bald die 
' gLhre gehabt hät¬ 
ten." bemerkte Cur- 
wson mit grimmem 
neHumor. 
M Der Steuermann 
vAickt schweigend, doch 
plötzlich reiht er sein 
pxrGIas an die Augen. 
„Käpp'n, in dem 
^ineit dunklen Spalt, 
imJöa, wo der Berg am 
lsixmedrrgsten ist. sehe 
rwjich ein Feuer auf¬ 
leuchten. Es müssen 
n Menschen dort sein." 
sli Etwas verblüfft 
or$angt auch Curzon 
halflach dem Glas. 
calMnige Sekunden be- 
sbachtet er schwei- 
eusgend den Berg; 
SroPann wendet er sich 
lebhaft an den 
öcfepteuermann: „Las¬ 
el -en Sie sofort ein 
am« Boot ausschwin- 
:r gen!" 
über Davies eilt an 
yablDeck, Befehle fliegen 
stebpurch die Nacht: 
ld dann wird ein Boot 
pjWUsgeschwungen. ein 
paar beherzte Män- 
shgsier springen hinein, gefolgt von Davies, und 
gleich darauf gleitet das Boot mit dumpfem 
IPA Klatschen aufs »Meer. Acht sehnige Arme 
3 ßliegen sich in die Riemen und am Steuer 
itzt Davies, die Augen fest aufs Ziel gerichtet, 
i" An Bord der „Vesper" steigen derweilen Ra- 
kneten in die Luft, um die Schiffbrüchigen auf 
^„pem Eisberge von der nahenden Hilfe in 
.gschKenntnis zu fetzen. 
t po Jetzt sieht man vom Boote aus die feit» 
cd« «amen Fahrgäste. Sie schwingen Feuerbrände 
bohMd laufen an der tiefgelegenen Kante des 
' aoßisberges entlang. „Also dorthin!" denkt 
Davies. und unter dem Drucke seiner nervigen 
Faust dreht sich der Kopf des Bootes nach 
der gewünschten Richtung. Ganz dicht hinan¬ 
zugehen ist unmöglich, da man nicht weih, wie 
weit sich der schwimmende Berg an jener 
Stelle noch unter dem Wasser ausdehnt. 
„Hallo! Wir werfen eine Leine hinüber. 
Zeigt, wo wir sie hinwerfen sollen!" ruft Da- 
vies durch die Nacht. 
„Allright!" tönt es zurück, und vom hel¬ 
len Eise hebt sich 
deutlich vom blut¬ 
roten Schein einer 
Fackel übergössen, 
die Gestalt eines 
heftig winkenden 
»Mannes. Mit der 
Sicherheit eines ge¬ 
übten Walfischhar¬ 
puniers schleudert 
einer der Matrosen 
die mit einer Kugel 
beschwerte Leine nach 
dem Eisberg hin¬ 
über. Gespannt war¬ 
ten die Leute im 
Boot. Werden die 
dort drüben die 
Leine erfassen oder 
wird sie ins Meer 
zurückgleiten? 
Diesmal ist es ge¬ 
lungen ! Nun be¬ 
ginnt das Rettungs¬ 
werk. Man hat auf 
dem Eisberge nichts, 
um die Leine zu be¬ 
festigen; also mutz 
sich jeder der Schiff¬ 
brüchigen die Leine 
unter den Armen be¬ 
festigen und dann 
ins eiskalte Meer 
springen, bis man 
ihn ins Boot ge¬ 
zogen hat. Durch 
ein paar Zurufe hat 
man sich über die nächsten Schritte verständigt 
und die im Boote sehen, wie sich ein dunkler 
Körper von der glitzernden Eismasse loslöst 
und im Meere zu versinken scheint. 
„Hol ein!" befiehlt Davies und mit fie¬ 
berhafter Schnelligkeit wird die Leine ein¬ 
geholt. Des Steuermann Augen bohren sich 
in die Fluten; sie suchen jene Stelle, wo der 
Mann neben dem Boote auftauchen mutz. Da. 
ein bleiches Gesicht, vom »Meerwasser be¬ 
spült, wird neben dem Boote sichtbar, vier 
Hände greifen zu und ziehen den Geretteten 
ins Boot. 
„Robert du!" erwiderte der andere schwach, mit 
einem Versuch, zu lächeln und will dem Bruder die 
kraftlose Rechte reichen. 
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