Volltext: Die evangelische Gemeinde Wallern

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tagenden Versammlung der österreichischen Superintendenten und ihrer Ver 
trauensmänner bei. 
Noch vergingen Jahre, bis endlich die Früchte des Jahres 1848 im 
Protestantenpatente vom 8. April 1861 zum Freiheitsbriefe der evangelischen 
Kirche reiften. 
Vom kirchbau und anderem. 
Noch ehe die Fesseln fielen, welche den evangelischen Kirchbau in Oester 
reich zu einer Aschenbrödelstellung im Winkel verurteilte, war die Baufrage in 
Wallern insoferne brennend geworden, als das alte Vethaus so baufällig 
geworden war, daß trotz verschiedener Strebepfeiler das Kreisamt 1847 mit 
Sperrung desselben drohte, dann aber doch noch einen Aufschub von drei 
Jahren gewährte. Alsbald begann eine emsige Tätigkeit, indem für das neue 
Gotteshaus die nötigen Baumaterialien zusammengeführt wurden. Mein 
Großvater entwarf selbst den Grundriß — Kreuzform mit gleich langen 
Schenkeln — und ließ ein Holzmodell mit abnehmbaren Dach anfertigen, so 
daß sich die Gemeinde ein anschauliches Bild ihres zukünftigen Bethauses 
verschaffen konnte. Leider ist dieses Modell bei dem Brande 1902 zugleich 
mit der noch als Kasten dienenden ersten Kanzel ein Raub der Flammen 
geworden. 
Als nun 1848 die Bauschranken fielen, wurden im Plane einfach eine 
Seite verlängert und der Turm angefügt, während die entgegengesetzte Seite 
für den Altarraum eine Abrundung erfuhr. So war der Grundriß für den 
Kirchbau fertig, der am 1. Mai 1851 begonnen wurde. Obwohl der Turm 
noch nicht ausgebaut war, wurde nach einem letzten Gottesdienste im alten 
Bethause (31. Oktober) am darauffolgenden Tage die neue Kirche ein ge 
rn e i h t. Unendlich viel Segen war von diesem alten Bethause ausgegangen. 
Nur war es zur baufälligen Ruine geworden. Der nördliche Kreuzschenkel des 
Neubaues ragte in dasselbe hinein, so daß es für Wind und Wetter offen stand. 
Der Kirchbau war der krönende Abschluß eines reich begabten Hirtenlebens 
wie die Frucht einer auf die Segenshöhe evangelischer Glaubensfreudigkrit 
und Opferwilligkeit geführten lebendigen Gemeinde. Nur ein solche war 
imstande, diesen monumentalen Kirchbau durchzuführen, dessen Turm 1853 
ausgebaut und 1859 mit drei Glocken versehen wurde. 
So steht nun dieser Bau da als ein Zeichen der Freiheit und Gleich 
berechtigung, als ein Denkmal wunderbarer Segenskraft, die eine kleine aber 
einige Gemeinde alle Schwierigkeiten überwinden läßt. 
Wohl war es ein sinniges Verhältnis, wenn in der Toleranzzeit Bethaus 
und Schule unter einem Dache vereinigt waren, aber die wachsende Schüler 
zahl verlangte doch gebieterisch ein eigenes Schulhaus, das am 1. No 
vember 1822 feierlich eingeweiht wurde und seit 1876 in seinen Räumen zwei 
Lehrzimmer beherbergt. 
Als durch das Reichsvolksschulgesetz vom Jahre 1869 die bestehenden 
Schulen ihres konfessionellen Charakters entkleidet oder in ihrem Weiter 
bestände zu Privatschulen erklärt wurden, erwuchs allen evangelischen 
Schulgemeinden, welche an diesem Vätererbe festhielten, in der Doppel 
belastung zu Schulzwecken eine immer drückender empfundene Last, deren 
Ungerechtigkeit erstmalig vom oberösterreichischen Landtage 1910 durch eine 
kleine Subvention gemildert, 1923 durch Uebernahme von 18 Lehrern 
wesentlich erleichtert wurde. Seither wird unser Oberlehrer aus dem Landes 
fonds besoldet, während er als Organist von der Gemeinde entlohnt wird. 
Die zweite Lehrkraft ist nach wie vor aus der Gemeindekasse zu bezahlen. 
Die beschränkten Wohnungsverhältnisse veranlaßten 1863 die Gemeinde zu 
einem Zubau an das Pfarrhaus. Im Jahre 1908 wurde noch eine 
Waschküche angefügt und gleichzeitig eine eigene Wasserleitung vom 
„Tiefen Tal" geschaffen, wodurch der 1836 gegrabene Brunnen überflüssig 
wurde.
	        
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