Volltext: Die evangelische Gemeinde Wallern

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1.2—3 Meter tiefe Gräben ausgehoben und wieder zugeschüttet, stellten sich 
Bauern und Handwerker in den Dienst der Gemeinde. 
Das Erträgnis dieser beiden Unternehmungen soll als bleibende Frucht 
eine wachsende Einnahmsquelle für die Gemeinde bilden. 
Mag vieles sich im Laufe der Zeiten nicht zum Besseren gewendet haben, 
gilt und geht es um das Ansehen und Wohl der Gemeinde, dann gibt es 
noch immer ein erfreuliches Zusammenarbeiten auch mit persönlichen Opfern. 
In Feuersnot. 
In dem Jahre, als Wallern sich zum goldenen Kirchweihfeste rüstete, lohte 
um das Gotteshaus ein Riesenbrand, dessen Feuergarben die Kirche un 
heimlich umwirbelten und dort, wo das Kreuz gegen den nächtlichen Himmel 
ragte, den Turm entzündeten. 
Seit Tagen fuhr brausend ein rasender Frllhlingssturm durchs Land. Es 
war am 29. April 1902 um 3i^ Uhr nachts, da flammte es bei dem stroh 
gedeckten „Dickerlhäusel" unheimlich auf und heulend fuhr der Sturmwind 
in das Feuer, die Todesschreie der beiden alten Besitzerseheleute erstickend, 
die keinen Ausweg mehr aus ihrem brennenden Heim fanden. In einem 
Augenblick standen das Tischlerhaus und das große HUttelmeiergut samt Neben 
gebäuden in Flammen, wälzte sich vom Sturm gejagt eine Feuerwoge gegen 
Kirche und Pfarrhaus. Noch schlief alles, da sprangen schon klirrend die 
Fenster im Pfarrhause und weckten meine jüngste Schwester, die rasch durch 
die Zimmerflucht eilte, die Eltern zu wecken und mit schwachen Kräften im 
Turme die Feuerglocke zu ziehen, um das schlafende Dorf zu wecken. Schon 
wird es lebendig. Leute eilen herbei. Doch niemand kann durch den Feuer 
wall, der sich um Kirche und Pfarrhaus legt. Schon brennt es im Dachboden 
des zusammengebauten Pfarr- und Schulhauses. Durch die Dachziegel hat 
die rasende Flamme ihren Weg gefunden. Hinter der mit Blech beschlagenen 
hölzernen Tür, die von der Pfarrwohnung zum Dachboden führt, häuft sich 
die Glut, wütet der Brand. Dieser Punkt wuß gehalten werden, sonst ist das 
Pfarrhaus verloren. Es gelingt. Die Lehrerin hat den nach Osten gelegenen 
Ausgang aus dem Schulhause nicht mehr gewinnen können, so springt sie 
auf der Nordseite aus einem Fenster in die vorüberjagenden Feuerschwaden. 
Ihre Kleider glasen, aber sie ist gerettet und kann im Pfarrhause retten 
helfen, bis nach einer bangen Stunde Hilfe von außen möglich ist. 
So steht es auch im Hüttelmeiergute, dessen gesamte Bewohner schließlich 
auf der Flucht vor Rauch und Flammen in ein kleines Hofstübchen zusammen 
gedrängt wurden, bis die Feuerwehr von Osten her einen Weg bahnte. 
Am frühesten wurde die Kirche zugänglich, deren Haupteingang gegen 
Westen liegt. Schon brannten an den hohen Dachgiebelseiten die hölzernen 
Abschlußleisten. In heißem Kampfe gelang es, die Gefahr abzuwenden. Aber, 
was ist das dort droben beim Kreuz? Im Flammengewirbel war ein 
brennendes Strohbündel an dem zackigen Kelchrand, aus dem das Kreuz 
herauswuchs, hängen geblieben. Vom Feuer umloht ragte das Kreuz. Dann 
erlosch das Strohfeuer, aber dafür stieg immer dichter und stärker qualmender 
Rauch um das Kreuz empor. Es brannte im Innern der Turmspitze, und 
im Gebälk fraß sich, vom Sturm gejagt, das Feuer unter dem Blechdache des 
Turmes weiter in die Tiefe. Als der Morgen graute, die Glut und Wut des 
Feuers sich an allem Brennbaren erschöpft und den Zerstörungsweg über das 
große Preßhaus des Hüttelmeier bis hinein zu den Grabkreuzen des Fried 
hofes genommen hatte, sah ein strahlend schöner Tag auf ein grauenvolles 
Ruinenfeld, über dem wie eine Brandfackel die Spitze des Turmes qualmte. 
Eine Schlauchlinie war durch den Turm bis zu der mit einem blech 
beschlagenen Holzdeckel zu schließenden Einsteigluke in den fast 20 Meter 
hohen brennenden Dachraum des Turmes gelegt worden und man versuchte 
mit kräftigen Wasserstrahlen dem in der Höhe wütenden Feuer beizukommen.
	        
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