Volltext: Kämpfer an vergessenen Fronten

Interessant ist, daß die guten Kundschafter alle ein großes Anhänglichkeitsgefühl an den Tag legten und 
oft auch Arbeiten aus reinem Interesse übernahmen, auch wenn sie wußten, daß sie sür ihre Arbeit nicht 
bezahlt werden konnten. Noch mehrere Jahre nach dem Kriege kamen ehemalige Kundschafter von uns 
zu mir und fragten an, ob sie nicht wieder eine Verwendung bekommen könnten, da sie ihre alte Tätigkeit 
interessiere und sie gern zeigen wollten, daß es ihnen dabei nicht um den Geldverdienst zu tun war. Natürlich 
mußte ich die Leute abweisen, da wir ja aus Grund des Friedensvertrages keinen Nachrichtendienst betreiben 
dürfen und ich mit meiner ehemaligen militärischen Tätigkeit auch nichts mehr zu tun habe. 
Der AbWehrdienst. 
Ebenso wichtig wie der Aufklärungsdienst ist der Abwehrdienst, dem die Unterbindung der gegnerischen 
Spionage obliegt. Dieser Dienst ist ebenso mannigfaltig und interessant wie der eigentliche Erkundungs- 
dienst, mit dem er vielfach 5>and in Äand arbeiten muß. Die Leitung beider lag daher bei uns in der gleichen 
Kand, was sich als ganz zweckmäßig erwies. 
Als ich zur Kauptkundschafterstelle nach Innsbruck versetzt wurde, war deren Leiter ein erstklassiger Fach- 
mann auf dem Gebiete des AbWehrdienstes, von dem ich vieles gelernt habe, so daß ich meine in den früheren 
Jahren auf diesem Gebiete erworbenen Kenntnisse erweitern konnte. 
In den letzten Jahren vor dem Ausbruch des Weltkrieges arbeitete der italienische Nachrichtendienst 
in Tirol mit Hochdruck und bediente sich dabei mit großem Erfolg jener Bewegung, welche man als Irre- 
denta bezeichnete, und welche sich die Losreißung der von Italienern bewohnten Grenzgebiete der Monarchie 
zum Ziele gesetzt hatte. Gegen Tirol arbeiteten damals drei italienische Kundschafterstellen, und zwar in Mai- 
land, Brescia und Verona. Durch unseren Erkundungsdienst waren wir über das bei diesen Kundschafter- 
stellen eingeteilte Personal und viele seiner Agenten gut unterrichtet, so daß kaum einer der wichtigeren 
Agenten unser Gebiet betreten konnte, ohne daß wir dies zeitgerecht in Erfahrung gebracht hätten. Da galt 
es dann jedesmal festzustellen, wo sich dieser Agent herumtrieb und mit wem er von den bodenständigen 
Italienern in Verbindung trat, um so systematisch die unzuverlässigen Elemente unter der eigenen Grenz- 
bevölkerung kennenzulernen. Da wir mit Italien im Dreibundvertrag standen und offiziell das herzlichste 
Einvernehmen zwischen unseren Staaten herrschte, durfte unser Abwehrdienst nur mit größter Rücksicht¬ 
nahme vorgehen, um den Nachbar durch ein zu scharfes Vorgehen nicht zu verstimmen, und konnte daher 
nur in ganz krassen Fällen von Spionage einschreiten. Meist wurde der betreffende italienische Agent dann 
so ausfällig überwacht, daß er es selber vorzog, vom Schauplatz seiner Tätigkeit zu verschwinden. Neben 
den eigentlichen Agenten kamen aber zahlreiche italienische Offiziere zu Rekognoszierungszwecken nach Süd- 
tirol, die sich dann hier meist als aus Arlaub befindlich oder zu einem Besuch bei Verwandten ganz offiziell 
anmeldeten, ihren Aufenthalt aber zur Durchstreifung des für Italien wichtigen Grenzgebietes benützten. 
Welchen Amsang diese Besuche annahmen, zeigt wohl am besten die Tatsache, daß im Frühjahr 1914 in einem 
Monat zugleich 49 italienische Offiziere in Südtirol auf Arlaub weilten. Zu deren eingehender Überwachung 
reichte unser ganzer Abwehrapparat nicht aus, um so mehr als wir uns sagen mußten, daß der italienische Nach¬ 
richtendienst diese Inanspruchnahme unseres Abwehrapparats dazu ausnützen würde, um zugleich einige 
seiner besten Agenten mit speziellen Austrägen herüberzusenden, die dann kaum überwacht werden konnten. 
In dieser Beziehung arbeitete besonders geschickt ein Offizier der Kundschafterstelle Brescia, der, wie wir 
feststellen konnten, wiederholt Rekognoszierungen in Judiearien ausgeführt hat und sich besonders für unsere 
Befestigungen bei Lardaro interessierte, ohne daß man ihn jedoch jemals während der Arbeit ertappt hätte. 
Er war auch während der in Anwesenheit des Erzherzogs Franz Ferdinand im Jahre 1912 bei Lardaro 
abgehaltenen Festungsübungen in der Amgebung von Lardaro, ohne daß es gelungen wäre, ihn zu erwischen, 
trotzdem unsere Kundschafter gemeldet hatten, daß er während der Manöver nach Südtirol kommen werde. 
Der Abwehrdienst hatte aber neben diesen Äberwachungen noch zahlreiche andere Aufgaben zu lösen. 
So wurde z. B. festgestellt, daß zahlreiche Alpenweiden in unserem Grenzgebiet an Reichsitaliener ver¬ 
pachtet waren, die ihr eigenes Almpersonal, das ausschließlich aus Reichsitalienern bestand, verwendeten. 
Vielfach lagen diese Alpenweiden in unmittelbarer Nähe unserer Grenzbefestigungen, und das Almpersonal, 
unter dem sich oft italienische Anterosfiziere befanden, konnte sich in unauffälliger Weise lange Zeit im Bereich 
der Befestigungen aufhalten und diese photographieren oder zeichnen. Weiter wurde festgestellt, daß mehrere
	        
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