Volltext: Kämpfer an vergessenen Fronten

war nur 1200—1300 Meter hoch. Ich suchte, so schnell es ging, Flugplatz Resna zu erreichen, um vielleicht 
meinem Beobachter noch rechtzeitig ärztliche Kilfe verschaffen zu können. Aber der Tod war bereits 
eingetreten, als ich landete. 
Brief des Leutnants Hans Joachim Wolff an den Leutnant Lothar Frhr. v. Richthofen 13). 
Flughafen, den 25. April 1918. 
Noch immer kann ich nicht glauben, daß es wahr sein soll. Mir ist es, als hätte ich einen bösen Traum 
gehabt, der vorübergehen muß. Aber es muß ja wahr sein, denn jeder Mensch spricht davon. Nur nicht 
nachdenken darüber, sonst muß man weinen. Ich kann Ihren Schmerz verstehen, denn nichts konnte Sie 
tiefer treffen als der Verlust Ihres großen Bruders. Der größte Schmerz, der nur an einen Menschen 
herantreten kann. Aber auch wir alle, selbst der jüngste Monteur, trauern. Wir trauern einem Manne 
nach, der uns alles war, für den wir alles freudig hingegeben hätten. Aber leider war es uns nicht vergönnt, 
ihm unsere unverbrüchliche Treue zu beweisen. Ich besonders bin tief unglücklich. Ich habe an ihm mehr 
verloren als nur das große Vorbild, das er allen war. Ich habe ihn geliebt wie einen Vater. Ich war 
glücklich, wenn ich mit ihm zusammen sein durfte. Gerade in der letzten Zeit war dies der Fall. Wir 
sprachen über einen Flug nach Freiburg und Speyer. Am 24. April sollte er vvnstatten gehen. Äerr 
Rittmeister wollte einige Tage in den Schwarzwald auf Auerhahnbalz und dann zu den Pfalzwerken. 
And das soll jetzt alles nicht mehr sein. Wie wird jetzt alles, alles so anders werden. Wirklich alles durfte 
kommen, nur das nicht. Das Geschick war zu grausam. Am 20. April abends schoß er noch seinen neun- 
uudsiebzigsten und achtzigsten ab. Spät abends gegen Ahr waren wir nochmal gestartet. Eine Division, 
die bei Villers-Bretonneux lag, hatte um Schutz gebeten. Wir kamen kaum an, als wir einem ganzen 
Kaufen von Sopwith-Camels begegneten, gleich natürlich angegriffen. Kaum nach einer Sekunde brannte 
der erste, gleich darauf der zweite, nicht lange später der dritte. Ich bekam meinen leider nicht. — Ich habe 
übrigens jetzt neun Abschüsse. — Zwei hatte Äerr Rittmeister, einen Leutnant Weiß, der jetzt unsere Staffel 
führt und 18 Abschüsse hat. Äerr Rittmeister muß sich gerade über diese beiden Abschüsse furchtbar gefreut 
haben. Nach dem Luftkampf ging er ganz tief herunter, so daß alle seine rote Maschine erkennen konnten, 
und winkte den Infanteristen und den Kolonnen zu. Jeder wußte ja, wer in der Maschine war, und alle 
hatten kurz vorher die brennenden Engländer gesehen. Begeistert winkten alle und schwenkten ihre Mützen. 
Als Äerr Rittmeister landete, klatschte er in seine Äände und freute sich furchtbar, indem er sagte: „Donner- 
wetter, achtzig ist doch eine anständige Zahl." And wir alle freuten uns mit ihm und sahen begeistert auf 
zu ihm. 
Das am Abend vorher, dann kam der verhängnisvolle Morgen. Wir starteten gegen % 12 Ahr 
vormittags in zwei Ketten. Die erste Kette: SbervRittmeister, Leutnant Freiherr von Richthofen*), 
Oberleutnant Karjus, Vizefeldwebel Scholtz und ich. Kaum kamen wir an die Front, als wir unter uns, 
diesseits in Gegend Äamel, etwa sieben Sopwith-Camels sahen. Außer uns fünf war noch Jagdstaffel 5 in 
der Nähe, aber viel weiter diesseits in Gegend Sailly le See. Äber uns waren noch sieben Sopwith 
Camels, die aber zum Teil Jagdstaffel 5 angriffen, zum Teil oben blieben. Ein oder zwei kamen noch zu uns. 
Wir fingen an, zu kämpfen. Im Verlauf des Kampfes sah ich Äerrn Rittmeister öfters in meiner Nähe, 
er hatte aber noch keinen abgeschossen. Von unserer Kette war nur Oberleutnant Karjus bei mir. Vize- 
seldwebel Scholtz kämpfte in der Gegend Sailly le See mit den Albatros. Leutnant von Richthofen 
war scheinbar noch nicht ganz im Bilde, da es ja ungefähr sein erster Luftkampf war. Während ich mit 
Oberleutnant Karjus gegen zwei oder drei Camels kämpfte, sah ich plötzlich die rote Maschine neben mir, 
wie er einen Camel anschoß, der sich zuerst trudeln ließ, dann im steilen Sturzflug Richtung Westen weg- 
drückte. Dieser Kampf spielte sich schon jenseits ab in Äöhe von Äamelet. 
Wir hatten ziemlich starken Ostwind, und daran hatte wohl auch Äerr Rittmeister nicht gedacht. Da 
ich jetzt etwas freie Luft hatte, beschäftigte ich mich etwas intimer mit einem Camel und schoß ihn ab. 
Während der Camel stürzte, sah ich mich nach Äerrn Rittmeister um und sah ihn in äußerst niedriger Äöhe 
ungefähr über der Somme bei Corbie noch immer hinter dem Engländer her. Ich schüttelte ganz unbewußt 
meinen Kopf und wunderte mich, daß Herr Rittmeister einen Gegner soweit jenseits verfolgte. Während 
ich noch beobachten wollte, wo mein Abschuß hinfiel, höre ich plötzlich ein Maschinengewehr hinter mir 
*) Ein Vetter Manfreds.
	        
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