Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

worauf das Fahrzeug Steuerbord Ruder legte und sofort durch Klapplaterne uns nach Namen und 
Herkunft fragte. Wir gaben gar keine Antwort, nur bei dem backbordachteren Geschütz ertönte das 
Kommando: Geladen! Auf den schwarzen Dampfer, Äaltepunkt li-inke Kante. Nicht!" An den achteren 
Scheinwerfer ging das Kommando: „Auf den schwarzen Dampfer, Scheinwerfer richt!" Durch irgendeine 
Unachtsamkeit funktionierte der Scheinwerfer nicht, der Fischdampfer, denn ein solcher war es und ein 
Schiff der äußersten deutschen Vorpostenkette, konnte sich rechtzeitig aus dem Staube machen. Wir alle 
waren fest überzeugt, daß er Anhänger der Meuterer war und aus Angst vor uns die rote Flagge nieder- 
geholt hatte; denn jetzt fuhr er, als er querab von uns war, ziemlich schnell, ohne Flagge und mit Positions- 
laternen! Wir sollten ihn wohl für einen harmlosen Kandelsdampfer halten. Es war schnell Nacht ge- 
worden, und da ich ziemlich müde war und als zweite Kriegswache schlafen konnte, so legte ich mich auf das 
Die deutsche Hochseeflotte auf der Fahrt nach Scapa Flow 
Oberlichtluk der Offiziersmesse mitfchiffs und schlief bis 12Ahr. Dann wachte ich auf, wohl wegen der 
etwas unbequemen Lage; diese Seitenfenster sind nämlich stark abgeschrägt, und ich wundere mich noch heute, 
daß ich nicht runtergefallen bin! Aber man lernt hier schließlich alles, sogar das Ausbalancieren im Schlaf. 
Bis 2.30 Ahr war alles ruhig. Die See war wunderbar und vollkommen von Schaumkämmen überzogen. 
Unser Schiff schlingerte kräftig. Wir hatten jetztPofitionslaternen gefetzt,da wir durch die deutschen A-Boot- 
Sperren mußten, die zum Schutze der Ostsee gegen englische A-Boote ausgelegt sind. Wir liefen mit lang¬ 
samer Fahrt durch die Minensperre und schössen einen grünen Stern als Signal ab, mit unsere Absicht 
zu erkennen zu geben, durch die Netzsperre zu laufen. Gleich darauf kamen wir in den Lichtsektor des Gjedser 
Feuerschiffes, in dem unser Schiff ganz gespenstisch aussah. Sofort wurden wir auch von da angemorst, und 
zwar mit dem gleichen Erfolge wie von den anderen, d. h. wir fuhren weiter, ohne eine Antwort zu geben. 
Noch heute wundern wir uns alle, wie wir so frech und gottesfürchtig durch die Sperren liefen, ohne auch nur 
einen Schuß zu tun. Ob die alle solche Angst vor unserem dicken Schiff hatten? Etwas anderes kann es 
gar nicht sein. Wenn die gewußt hätten, daß wir nur vier 8,8 Zentimeter-Geschütze an Bord hatten, hätten 
sie sich wohl anders verhalten. Es muß unzweifelhaft nur Angst gewesen sein, denn sie haben doch auch 
den strengsten Befehl, kein Schiff ohne Angabe des Namens hindurchzulassen. Na, das kann uns ja jetzt 
egal sein, wo wir durch sind. Nach Durchlaufen der Minen- und Netzsperren waren wir sicher. Ziemlich 
müde blieb ich noch eine Weile an Deck, bis die Lichter der Sperre hinter uns verschwanden. Das ging 
ziemlich rasch, da wir schon beim Anfang der Netzsperre „halbe Fahrt" aufgenommen hatten. Wir nannten 
„halbe Fahrt" stolz „Alle Fahrt", denn mehr als halbe Fahrt konnten wir beim besten Willen nicht laufen.