Volltext: Kämpfer an vergessenen Fronten

Insel wurde ohne Widerstand genommen. Von Schildau aus konnten wir das zerstörte russische Linien-- 
schiff „Slawa" gut sehe«?. Es liegt so hoch, daß man zuerst glaubt, ein intaktes Schiff vor sich zu haben. 
Nur die Schanze liegt so tief, daß das Deck sast vom Wasser bespült wird. Inwendig soll's aber grausig 
aussehen. Alles ausgebrannt, sogar das sehr dicke Glas der Seitenfenster ist geschmolzen. In der Nähe 
der „Slawa" liegt auch noch ein versenkter größerer Dampfer, der uns jedenfalls den Weg versperren sollte. 
Das ist ihm nicht gelungen. Am nächsten Tage wurden unsere Landungstruppen durch Infanterie abgelöst, 
wir gingen weiter südlich bei Werder zu Anker. Auf der Kalbinsel brannte es tagelang, und noch immer 
kamen neue Brände zum Vorschein. In Anbetracht der starken Batterien ist es verwunderlich, daß nicht 
mehr Widerstand geleistet wurde. Große Kartoffelvorräte lagen dort aufgespeichert. Alle in der Nähe 
liegenden Schiffe schickten Leute an Land, die sie an Bord holten. Da keine deutschen Kampftruppen auf 
dem Festland gelandet waren, wagte sich eine Russenpatrouille so weit vor, daß sie die völlig unbewaffneten 
Kartoffelsammler mit Maschinengewehr beschießen konnte. Denen blieb natürlich nichts anderes übrig, als 
Reißaus zu nehmen. Die Russen werden dann wohl von ihren: „heldenmütigen Vorgehen" und einer 
„eiligen Flucht" der Deutschen berichtet und es als „großen Sieg" hingestellt haben. Glücklicherweise wurde 
niemand verletzt. Nachdem wir noch Kohlen und Proviant aufgefüllt hatten, traten wir eines Morgens 
in aller Frühe die Reise nach der Keimat an. 
Zum ersten Male in diesem Kriege haben Deutschlands Armee und Marine in großem Stile zusammen 
operiert und glänzenden Erfolg gehabt. Osel, Moon, Dagö und mehrere kleine Inseln sind in unserer Kand. 
Der Rigaische Meerbusen wird von uns beherrscht. Zähneknirschend wird der Engländer sich damit abfinden 
müssen. Damit ist ihm die Möglichkeit genommen, sich dort festzusetzen. Auch durch manchen anderen 
Plan wird ihm hoffentlich ein dicker Strich gemacht werden. Wir aber sind stolz, den deutschen Ruhmes- 
blättern ein neues angereiht zu haben, die in späteren Tagen von großer Zeit erzählen werden, hoffentlich 
ist es noch nicht der letzte Schlag, den unsere Marine sührt. Recht kräftig möge fie nach der anderen Seite 
ausholen. Dann wehe dir, England! 
Brief des Obermatrosen Adolf Geißenhöner des Linienschiffes „König". 
S. M. S. „König", den 7. November 1917. 
Für die Operationen gegen Ösel war unter Führung des Vizeadmirals Schmidt aus Teilen der 
Kochseestreitkräfte ein Sonderverband in folgender Zusammensetzung gebildet: S. M. S. „Moltke" (Flagg- 
schiff), III. Geschwader unter Führung des Vizeadmirals Behnke: S. M. S. „König", „Bayern", „Kron¬ 
prinz", „Markgras", „Großer Kurfürst"; IV. Geschwader unter Führung des Vizeadmirals Suchon: 
S. M. S. „Friedrich der Große", „König Albert", „Kaiser", „Kaiserin", „Prinzregent Luitpold"; 
11. Aufklärungsgruppe (Kleine Kreuzer) unter Führung des Konteradmirals von Reuter; Führer der 
Torpedoboote, Kommodore Heinrich, auf S. M. S. „Emden", II., VI., VIII. und X.Torpedoboots- 
flottille, 7. und 13. Kalbflottille; Minenfuch- und Räumverbände, Netzsperrverbände und Truppen- 
transportdampfer. 
Der Aufmarsch des Verbandes, die großen Schiffe in der Putziger Wiek bei Danzig, die Kleinen 
Kreuzer im Kafen von Libau, war am 24.September beendet. Der Marine lag es zunächst ob, sich minen- 
freie Fahrstraßen an die Insel Osel heran zu schaffen. Die sehr umfangreichen Arbeiten, die durch schlechtes 
Wetter aufgehalten wurden, waren am 6. Oktober beendet. Darauf begann die Einschiffung der Landungs- 
truppen. Am 11. Oktober begann der Vormarsch. Der Verband durchfuhr in der Nacht vom 11. zum 
12. Oktober die westlich von Ösel bis zu dem schwedischen Koheitsbereich sich erstreckenden Minenfelder 
und lief in die Soelo-Bucht zwischen ösel und Dagö ein. 
Am 12. Oktober, 3.30 Ahr vormittags, schiffte das III. Geschwader den Landungstrupp I aus, der 
in Motorbooten unter Schutz der II. Torpedobootsflottille an die Landungsftellen am Ost- und Westufer 
der Tagga-Vucht gebracht wurde. Ihm folgte der Vortrupp II auf Transportdampfer. Am 4.30 Ahr 
hatten die Schiffe die Stellungen zur Beschießung der Küstenbatterien eingenommen. „Friedrich der Große" 
und „König Albert" vor Batterie Zerel auf der Kalbinsel Sworbe, „Kaiser", „Kaiserin", „Prinzregent 
Luitpold" vor Kap Kundsort, „König", „Markgraf", „Kronprinz", Großer Kurfürst" vor Kap Ninnast 
und „Bayern" vor Toffri (Südspitze von Dagö). Die Landung, unterstützt durch die Artillerie der Torpedo¬ 
boote, begann gleichzeitig mit der Beschießung der Küstenwerke bei Kellwerden. Die Russen scheinen
	        
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