Volltext: Entwicklung des Bolschewismus

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Neuerscheinungen 
hineinzukommen, führt nicht durch die alten Pinakotheken, sondern durch die neuen und durch 
die Ausstellungen. Nicht, daß man sich nur in den verschiedenen Sezessionen und juryfreien 
Bilderbuden die Farben und Dessins vorlegen ließe, die man Heuer trägt, aber von einem 
Gang durch die Staatsgalerie in München hat einer entschieden mehr, als wenn er mit dem 
Bädeker sämtliche Akademien Italiens abklopft. Darum kommt ein Buch wie das von Hamann 
gelegen. Es fängt an mit einer Kunst, zu der wir noch unmittelbar ein Verhältnis haben, mit 
der deutschen Malerei vor und um 1800. Es folgt die der Biedermeier- und Gründerzeit 
(1830—1880). Besonders gewürdigt sind Böcklin, Feuerbach, Marees, Thoma, Leibl, Lieber¬ 
mann, Uhde, Klinger. Das Buch ist anregend geschrieben, gar nicht doktrinär, nicht verstiegen, 
man versteht, was der Verfasser meint, aufs erstemal und ohne sich auf den Kopf zu stellen. Die 
Textabbildungen sind nicht groß, aber scharf. Aufgefallen ist mir: wenn man schon einem 
Künstler, der als Maler so langweilig war, wie Klinger, soviel Raum gibt, wamm fehlt dann 
ein wirklicher Maler von den Qualitäten Hagemeisters ganz? (Ich habe nebenbei die Kunst¬ 
händler im Verdacht, daß sie gar nicht erwarten können, bis der alte Mann stirbt; dann gehts 
natürlich los mit Pauken und Trompeten, und die Preise klettern in die Höhe wie das Thermo¬ 
meter im Kastenbad.) Daß Haider fehlt, ist mir auch aufgefallen. Von dem neuesten Tip, 
daß nämlich Corinths Bilder erst nach dem Schlaganfall die ganz große Kunst sind, steht noch 
nichts im Buch. Auch fehlt das Porträt des Paul Cassirer, mit dem, wenn anders wir den 
Berliner Kunstjobbern glauben sollen, die größte Epoche deutscher Malerei stand und fiel. Ernst¬ 
lich: Das Werk von Hamann ist ein guter Führer. Nur bei den Expressionisten kann ich nicht 
mehr mit. Schizophren und sonst nichts genügt nicht. 
Aus dem strebsamen Verlag Pössenbacher Gebrüder Giehrl, München, vier bayerische 
Heimatbücher: „Unser Singbüchl". Schöne alte Lieder mit Einführungen von Fr. T. 
Rambold. Der Gedanke, die Lieder nicht einfach abzudrucken, sondern jedem eine kleine 
Plauderei dreinzugeben, war ausgezeichnet, und ihn auszuführen niemand geeigneter als 
Rambold, dessen Erneuerung eines alten Weihnachtsspiels heuer die Schüler und Schülerinnen 
unseres Gymnasiums mit Begeisterung aufgeführt haben. — 50 Schuhplattler und Volks¬ 
tänze. Noten für eine Stimme (M. 2,50): die erste authentische Sammlung dieser alten 
Weisen. Dazu gehört das Lehrbuch „Heimattänze" zum Erlernen der im bayerischen Ober¬ 
land beliebten Tänze Dreisteyrer, Achtertanz, Sechsertanz, Bandltanz, herausgegeben von Franz 
Giehrl: Das volkskundlich Wichtige dieses Heftes ist, daß die einzelnen Figuren in blattgroßen 
Photographien festgehalten sind, 29 zum ersten, 22 zum zweiten, 13 zum dritten, 8 zum vierten. 
Es ist ja nicht anzunehmen, daß die Schuhplattler im südlichen Bayern sobald aussterben; 
aber der dokumentarische Wert des Heftes bleibt deswegen doch bestehen (M. 6). — „Scheicht- 
same Gschichten um Rachel und Lusen" (M. 1,50). Der Bayrische Wald ist volkskundlich 
zum erstenmal erschlossen worden durch das noch von Jakob Grimm begeistert besprochene 
Werk von Schönwerth, das fast unauftreibbar geworden ist. Diese „scheichtsamen" (= gru¬ 
seligen) Geschichten nun sind bemerkenswert wegen der unfrisierten Mundart, in der sie 
wiedergegeben sind; ich halte diese vom Lehrer Biberger wortwörtlich nach den Erzählungen 
der Einheimischen aufgeschriebenen Gruselgeschichten für einen der sachlich und methodisch 
wichtigsten Beiträge zur Volkskunde des „Walds". 
Rosenheim. Josef Hofmiller. 
Redaktionell abgeschlossen am 18. Juni 1926 
Verantwortlicher Herausgeber: i.V. Dr. Arthur Hübscher in München. — Druck- und Buchbinderarbeiten: 
R. Oldenbourg, München. — Papier: Bohnenberger «L Cie., Nietern bei Pforzheim.
	        
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