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Das Gesetz bestimmt, unter welchen Bedingungen das österrei⸗
chische Staatsbürgerrecht erworben, ausgeübt und verloren wird.
Durch diesen ist die Bestimmung des 8. 28 a. b. G. B.
wieder hergestell nachdem durch die frühere Gesetgebung des
Jahres 1849 ein allgemein österreichisches Staatsbürgerrecht
cingeführt war.533
Nach dem Wortlaute dieses Artikels wären Oesterreicher,
die in den zur ungarischen Krone gehörigen Ländern das
Staatsbürgerrecht besitzen, als Ausländer zu behandeln. —
Nach den staatsrechtlichen Verhaltnissen aber, welche
Cis- und Transleithanien als einen Staat, ein Reich gelten
lassen, und mit Rücksicht auf die vielfachen Unzukömmlichkeiten,
die sich ergeben würden, wenn die Cis⸗ und Transleithanier
gegenseitig sich als freind betrachten würden, ist es nicht au—
zunehmen, daß mit diesem Arlükel solches ausgesprochen sein
foll und es wird jedenfalls im Wege der Gesetzgebung noth—
wendig sein, dieses Verhältniß gemeinsam zu regeln, obschon
nach dem Gesetze über die gemeinsamen Angelegenheiten diese
Regelung nicht in den Wirkungskreis der Delegation gehoͤrt.
Insbesonders wurde die Frage aufgeworfen, wo nach Cislei⸗
thanien gehörige Beamte, die im Sinne der früheren Gesetze
österreichische Staatsbürger wareu, aber in Ungarn disponibel
Dm— dort noch dienen, ihr Staatsbürgerrecht anzusprechen
aben.
Art. ..
Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleichh.
Derfselbe kann nur als ein Grundsatz angesehen werden,
welcher die Gesetzgebung anweist, keine im oͤffentlichen In—
teresse nicht begründete Ausnahinen vom Gesetze zuzulassen.
Eine sofortige praktische Wirksamkeit kann diese Gesetzesstelle
nicht haben und es kaun auch nicht aus politischen Gründen
eine oder die andere Ausnahme gemacht werden, z. B. be—
züglich des Concordates. —— 0
Ungleichförmlichkeiten vor dem Gesetze bestehen in Massen.
Es wird nur beispielsweise hingewiesen auf folgende Gesetze,
wodurch Ungleichformlichkeiten eingeführt. sind: als die
Unterstellung gewisser Personen unter das Oberhofmarschall—
amt, Militaͤr- und geistliche Ehegericht, die Beschräͤnkung des
Wahlrechtes, der Eheschließung, der Erbfolge in Bauerngüter,
der Veräußerung sog. untrennbarer Güter, der Unfähigkeit
der Frauen zur Zeugens chaft, der Ausschließung derselben vom
Genuß der Ausübung des passiwen politischen Wahlrechtes
u. s. w. *75.
Die öffeutlichen Aemter siud für alle Staatsbürger gleich zu—
gänglich.