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der übrigen Gläubigen nicht vereinbare absolute Gewalt über
dieses, allen gehörige Vermögen eingeräumt ist, gegen welche
die Gläubigen durch die Controle des Staates vorläufig
allein geschützt werden, daß daher, so lange nicht ein Mit—
bestimmungs⸗ und Mitverfügungsrecht den Gläubigen von
Seite der katholischen Kirche eingeräumt wird, der Artikel 15
mit Rücksicht auf Art. 6 nicht in volle Kraft treten kann.
Art. 16.
Den Anhängern eines gesetzlich nicht anerkannten Religions—
bekenntnisses ist die häusliche Religionsübung gestattet, insoferne dieselbe
weder rechtswidrig, noch sittenverletzend is t.
Durch diesen Artikel ist die Ministerial-Verordnung
vom 5. April 1859, Nr. 53 R. G. B., wie bereits bemerkt,
aufgehoben worden, da nunmehr eine Anerkennung eines
Religionsbekenntnisses nicht nöthig ist, sondern lediglich der
Staatsverwaltung anheim gegeben erscheint, ein Verbot wegen
Rechtswidrigkeit oder Gefahr der Sittenverletzung auszu—
sprechen.
Art. 17.
Die Wissenschoft und ihre Lehre ist freie.
Unterrichts- und Erziehungsanstalten zu gründen und' an sol—
chen Unterricht zu ertheilen, ist jeder Staatsbürger berechtigt, der seine
Befähigung hiezu in gesetzlicher Weise nachgewiesen hat.
Der häusliche Unterricht unterliegt keiner solchen Beschränkung.
Fuür den Religionsunterricht in den Schulen ist von der betref—
fenden Kirche oder Religionsgesellschaft Sorge zu tragen.
Dem Staate steht rücksichtlich des gesammten Unterrichts- und
Erziehungswesens das Recht der obersten Leitung und Aufsicht zu.
Drurch diesen sind die Art. 5, 7. und 8 des Concordates
in der Weise modificirt, daß nicht mehr der ganze Unterricht
der katholischen Jugend u. s. f. von den Bischöfen überwacht
werden kann. Selbstverständlich ist jeder Religionsgesellschaft
gestattet, eigene confessionelle Schulen zu gründen.
Dirie Frage, ob der 8. 122 lit. D. St. G. B., welcher
als Verbrechen der Religionsstörung enthält, wenn Jemand
Unglauben zu verbreiten oder eine der christlichen Religion
widerstrebende Irrlehre auszustreuen sucht, beseitigt ist, blieb
unentschieden, da einerseits diese strafgesetzlichen Bestimmungen
mit der Gewissens- und Glaubensfreiheit, sowie mit der
Freiheit der Wissenschaft und Lehre unvereinbar erscheinen,
anderseits Unglauben zu verbreiten und Religionssecten zu
stiften und dergleichen, weder als ein politisches noch bür—
gerliches Recht anerkannt werden kann, und daher der
künftigen Strafgesetzgebung vorbehalten werden muß, das
Verbrechen der Religionsstörung im Geiste dieser Staats—
grundgesetze zu modificiren, wie es auch in dem neuen Ent—
wurfe bereits geschehen ist.