Volltext: Italien in sechzig Tagen

6. Mantua (Palazzo del Te). 
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zu sein (Einschnittstelle der Gewässer). Es ist ein ausgedehnter 
einstöckiger Renaissancebau (65 m. im Quadrat) um einen grossen 
Hof, im sogen, dorischen Stil, streng gegliedert, gegen den Garten 
mit offener Loggia. Im Innern sieht man sogleich, wie Maler 
und Baumeister hier in Einem Geist gearbeitet haben; alle Räume, 
in grösster Pracht malerisch geschmückt, zeugen von Giulio’s Ta¬ 
lent, hoher Kunst und schwelgerischem Reichthum an Erfindung, 
aber auch von seinen profanen Ausschreitangen, in denen der her¬ 
einbrechende Materialismus sich ankündigt. Zu Gehülfen hatte 
er Rinaldo, Primaticcio und Pagani. 
Vor der Eintrittshalle r. einVo r- 
zimmer mit Deckenbild: Sinken 
des Tags und Anbruch der Nacht 
(die Stuckreliefs von Primaticcio). 
— L. 8. Zimmer. 
1) Camera dei Cavalli mit 
lebensgrossen Profilansichten der 
Favoritpferde des herzoglichen Ge¬ 
stüts (prächtige Holzdecke). 
2) **CameradiPsiche; Decke: 
in den Achtecken die Geschichte von 
Amor und Psyche, bis Amor seine 
Geliebte verlässt (mit meisterlichen 
Verkürzungen; die Ausführung in 
Oel von Rinaldo und Pagani, aber 
von Giulio Romano retouchirt); in 
den 12 Lünetten die Strafe der Psyche 
(hier zeigt sich Giulio nirgends von 
Raffaels Psychebildern in der Farne- 
sina abhängig; die Raumkomposition 
ist ausgezeichnet, ebenso die Be¬ 
handlung der Gewänder, die Erfin¬ 
dung geistreich und kühn, der Stil 
gross, kraftvoll, doch die Freude am 
Materiellen überwiegend). — Mitte 
der Decke: Hochzeit von Psyche und 
Amor (zwischen den Achtecken köst¬ 
liche Putten). — Eingangswand: Ehe 
von Amor und Psyche. — Nordwand: 
r. Venus und Mars; über demFenster: 
Bakchos und Ariadne, l.Mai’s verfolgt 
Adonis. — Ueber dem Kamin: *Po- 
lyphem und Galatea. (Die Stuck¬ 
verzierungen von Primaticcio.) 
3) Camera delle medaglie 
(Z o di a c o), 1528. Decke: Allegorien 
des Thierkreises (Reliefs). Ringsum 
16 Medaillons mit den Beschäfti¬ 
gungen des Menschen. 
4) Camera del Faetonte, 
Mitte der Decke: Oelbild des Sturzes 
Phaetons, nach Giulio, von späterer 
Hand. Fries: Miniaturkämpfe, von 
Giulio,8 Hand. 
5) Gran Atrio di Davide 
(offene Halle) mit vier Lünetten 
und Deckenbildern der Geschichte 
Davids (1533). 
6) Camera degli Stucchi, 
die Stuckreliefs der Friese von 
Giulio erfunden (Triumphzug Kaiser 
Siegmunds (1433). Lünetten: Herku¬ 
les ; Mars. (Ausführung von Prima¬ 
ticcio und Briziano.) 
7) Camera dei Cesari, von 
Giulio entworfen, von Primaticcio 
gemalt. — Decke: Cäsar übergibt 
die bei Pompejus gefundenen Briefe 
und Pläne der Feinde den Flammen; 
Kaiserbilder. — Ueber den Thiiren: 
Scipio gibt dem Mardonius die 
Gattin zurück; Alexander d. Gr. 
entdeckt die Schriften Homers. 
8) *CameradeiGiganti (1532), 
nach Ovids Erzählung der Gigan¬ 
tenkämpfe mit ausschweifendster 
Phantasie gemalt; die Wände sollen 
wie in einer Camera obscura denku- 
lissenarti g zusammengeschobenen 
Raum des Universums darstellen; 
oben der Olymp bedroht; die Götter 
rüsten sich oder fliehen. — Rechte 
Wand: Jupiter zerschmettert die 
Riesen. — Gegenüber: Tempel, Säu¬ 
len, Mauerstücke bringen Verhee¬ 
rung über die vermessene Brut. 
(Virtuosität und Masslosigkeit paa¬ 
ren sich hier; bei aller Schönheit 
und Meisterschaft doch schon viel 
Vulgäres und Manierirtes.) 
An dem grossen hintern Hof 1. 
das Casino della Grotta mit 
vorzüglichen raffaelesken Dekora¬ 
tionen.
	        
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