Volltext: Die Liebesproben

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Reinerz. Eigentlich ist es mir recht, daß Auguste Niemanden 
vorlassen will, denn ich fürchte mich, ihr unter die Augen zu treten. 
Mein böses Gewissen könnte mich verrathen. Ist das eine Liebe! Wer 
hätte das gedacht! — Jetzt, wo sie ihn für treulos hält, gleicht sie 
einer Verzweifelten. Was wird sie erst beginnen, wenn sie erfährt, 
daß ich allein die Ursache ihres Unglückes bin! 
Zweiter Auftritt. 
Reinerz. Frau v. Hammer. 
Fr. v. Hamme r. Hast Du den Doktor gesprochen? 
Reiner z. Ich habe ihn gesprochen. 
Frev. Hämmer. Nun? V 
Reinerz. Er will nicht — denke Dir, er will nicht.— 
FIFr. v. Hammer. Was sagst Du? Will nicht? Es genügt ihm 
nicht, wenn Du, der Baron Reinerz, Dich herabläßt, ihn um Ent— 
schuͤldigung zu bitten? Was will er noch 
Reinerz. Nichts will er, gar nichts will er. Er will fort, 
er läßt Augusten schön grüßen, ich soll sie seiner ewigen Liebe ver— 
sichern, er geht fort auf Nimmerwiedersehen. 
Fr. v. Hammer sgür sich). Gott sei Dank! Laut). Der Mensch 
ist ein Narr. Hat man je so etwas gehört? Dich abzuweisen, nachdem 
Du ihm eine solenne Ehrenerklärung gegeben hast! Danke Gott, daß Du 
ihn los bist, diesen Phantasten. Solch einen Schwiegersohn braucht 
man sich wahrhaftig nicht zu erbetteln. 
Reinerz. Du, das ist nicht wahr. Der Mann hat etwas, 
was Respekt einflößt. Er hat mir imponirt. Er ist kein gewöhnlicher 
Mensch, dieser Doktor, er ist etwas Außerordentliches. Man findet 
heut zu Tage wenige Menschen, die mit solcher Noblesse eine Million 
zurückweisen und ich begreife nun, daß ein Mädchen, wie meine Auguste, 
einem so seltenen Charakter gegenüber nicht gleichgiltig bleiben konnte. 
FIr. v. Hammer. Glaube mir, es ist besser so. Auguste ist 
auch ein wenig überspannt, und wenn zwei so überspannte Wesen zu— 
sammen kommen, da gibt es keine glückliche Ehe. 
Reinerz. Daran scheint etwas Wahres zu sein. Ich und 
meine Selige, wir waren grundverschiedene Charaktere, und wir haben 
recht glücklich zusammen gelebt. Wenn unsere Ansichten auseinander 
gingen, dann habe ich nachgegeben, und so waren wir am Ende immer 
einer Meinung. 
Fr. v. Hammer: Nachgiebigkeit von einer Seite ist die noth— 
wendige Voraussetzung einer glücklichen Ehe. Doktor Wagner besitzt 
diese Tugend nicht. Er ist nicht der Mann, sich in die Wünsche Anderer 
zu fügen, oder seine Ansichten zu unterordnen, er ist ein eigenwilliger, 
herrschsüchtiger Charakter, und das hätte über kurz oder lang noth— 
wendig zu Conflikten mit Augusten geführt.
	        
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