Volltext: Die Liebesproben

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Fr. v. Hammer. Und Sie, mein Fraulein, scheinen mir viel 
zu den Angezogenen zu gehören, als zu den Abgestoßenen. 
Auguste. Wenn Du nichts dagegen hast, liebste Tante, so 
gestehe ich Dir, ich gehöre ganz und gar zu den Ersteren.“ 
Fr. v. Hammer. Üünd das gestehst Du mir so geradezu, ohne 
Vorbehalt? 
Auguste. Habe ich etwas Unrechtes gesagt? 
Fr.v. Hammer. Und das frägst Du noch? — Gott im Himmel, 
wie — selbstständig die heutige Jugend ist! Es fehlt nicht viel, und 
Du erklärst mir rund heraus, daß Du in Doktor Wagner verliebt bist! 
Auguste. Und würdest Du das etwa für ein Verbrechen 
halten, Tante? 
Ir. v. Hammer. Für etwas weit Schlimmeres, mein Kind, 
für eine Thorheit, für eine grenzenlose Thorheit. 
Augusste. Wär's möglich! und warum, wenn ich fragen darf? 
Fr. v. Hammer. Er ist ein Bürgerlicher. 
Augguste. Es ist noch nicht lange her, seit die Farben an dem 
Wappenschilde meines Vaters trocken sind. 
Fr. v. Hammer. Aber ein Wappenschild bleibt es doch. 
Augu,ste. Auch Wagner hat eines. Es wurde ihm nicht 
„allergnädigst“ verliehen, sondern er hat es sich selbst erworben — 
sein Diplom. 
Fr. v. Hammer. Mit solchen diplomirten Herren kann man 
heut zu Tage die Straßen pflastern. Doch gesetzt, der Unterschied 
gälte nichts. Was hat dieser Doktor Wagner noch, außer seinem Diplom? 
Er ist ein Anfänger, der froh sein muß, die Brosamen von der Praxis 
aufzulesen, die ihm sein Professor zuwirft, ein Mensch ohne Vermögen. 
Auguste. Mein Vater ist Millionär. 
Fr. v. Hammer. Das ist es ja eben. Er ist ein Glücks— 
ritter, der auf eine reiche Heirat ausgeht. 
Auguste. Tante, ich muß Dich ersuchen, in meiner Gegenwart 
nicht in diesem Tone von Doktor Wagner zu sprechen. Er ist ein 
Ehrenmann, für dessen Charakter ich bürgen will. 
Fr. v. Hammer. Deine Bürgschaft, liebes Kind, wird zu 
leicht befunden. Ich kann mein Urtheil über ihn nicht zurücknehmen. 
Auguste. Dann mußt Du mir erlauben, daß ich mich nach 
meinem Urtheil richte. 
Fr. v. Hammer. Nach Belieben. Aber ich werde es ver— 
hindern, daß dieses Urtheil weitere Folgen habe. 
Auguste. Was Du in dieser Richtung thun willst, ist Dir 
freigestellt. Ich aber werde meinem Herzen folgen und nach meiner 
Neberzeugung handeln. Und Du weißt, Tante, daß ich einen Willen 
habe, trotz jeder unberechtigten Einmischung. (Ab.) 
Fr. v. Hammer. Das ist eine Herausforderung! — Unbe⸗ 
rechtigle Einmischung! — O Du sollst diese unberechtigte Einmischung
	        
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