57
Der Tunnel
vßör die Außenwelt habe ich einen Agenten. Cr tauscht beim
O Einkauf in den Läden Briefe mit den Damen, schmuggelt
verbotene Gegenstände ins Lager, knüpft Geschäftsverbin
dungen an. Mein Agent kann alles, weiß alles, steht alles.
Die Russen vermuten nichts in ihm als einen einfachen deut
schen Soldaten, der für seine Offiziere einkauft. Ich nenne
ihn nur den „Grünen," auch in meiner Korrespondenz mit
den Landsmänninnen heißt er so. Kurz, der Grüne. Seinen
Jnfanterierock hat er mit allen Läusen an einen Nagel ge
hängt und ist stolz in eine grüne Reitende-Jäger-Uniform
gestiegen. Ein Leutnant hat sie ihm geschenkt. Die Achsel
stücke mußte der Grüne natürlich abnehmen. Dafür besorgte
ich ihm lederne Gamaschen.
Seit einigen Tagen dreht der Grüne au einem besonderen
Film. Er hat ein paar Polen aufgestöbert, anscheinend Zivil
gefangene, die in verschiedenen Geschäften zerstreut tätig
sind. Das ist ein Klub, natürlich ein Klub. „Was für ein
Klub?" frage ich den Grünen. „Na, so ein Klub, der aus
reißt, den Russen durch die Lappen geht, G. m. b. H. für
Flucht." Aha, feine G. m. b. H. Ich bestelle ein paar Aktien.
Nach einigen Tagen steht der Grüne grinsend vor mir.
Heute grinst er nach guten Nachrichten. „Herr Leutnant möch
ten mal zum Chef des Klubs kommen, Nr. 36." Nr. 36 ist
der Name des G. m. b. H.-Leiters, seine Hausnummer. Er
ist Friseur, weiter erfahre ich nichts.
Ich habe plötzlich einen hohlen Zahn, lasse mich von einem
Wachmann auf dem Fahrdamm zu einem Zahnarzt treiben.
Wir werden stets auf dem Fahrdamm getrieben wie Vieh,
der Bürgersteig ist zu vornehm für deutsche Stiefel. Der