Volltext: Die Wölfe [42]

V. 
die, dem Tode entronnen, matt am Strande liegen müssen. 
Ähnliches empfinden wie Kriegsgefangene, die, momentaner 
Gefahr entrückt, Leidensgefährten treffen, alte Schicksale aus 
kramen und mit sehnsüchtigen Gedanken heimwärts wandern. 
Mit einer Selbstverständlichkeit, die echte Kameradschaft 
nicht anders kennt, richtete der Oberstleutnant uns in seinem 
Hotel ein Zimmer ein, in dem wir den Wanzen mit Petroleum 
das Leben verekelten. 
Das Kaspische Meer rauschte ganz nahe. Ein Samowar 
verbreitete summend Gemütlichkeit. Zwischen Perserteppichm 
malte der Oberstleutnant an einem Zukunstsbilde mit hoff- 
nungsfreudigen Farben. Nur ein wenig Glück noch, ein 
ganz, ganz klein wenig, und die Heimat lohne Mühen und 
Entbehrungen, Angst und Verzweiflung. 
Ein Tag lachte den anderen an, als hätte es nie schlechte 
Zeiten gegeben. Bei einem gastfreien Tataren, der Millionen 
und seinen klugen Kopf, in den Dienst seines Volkes stellte, 
bezogen wir eine ganze Etage. Ein Diener kümmerte sich um 
unser Essen, wir hatten breite, weiche Betten, Geld und ge 
heimnisvolle Arbeit bis über die Ohren. Aus den entschlafe 
nen Tagen quälte nur noch ein Übel — Läuse. Aus dein 
Nordkaukasus, aus Batum, Sorokomüsch und Tiflis. Hunderte 
von Eiern brüteten, in den Falten unserer Kleider versteckt. 
Mit einem elektrischen Bügeleisen zischten wir sie tot — alle. 
Die Feierabende brachte der Oberstleutnant musizierend 
bei Deutschen zu, Reiß und ich gingen in ein Kino oder saßen 
an der Strandpromenade und sahen die russischen Wasser 
flugzeuge über die grünen Wellen tanzen. 
Zehn Tage reiste ich durch das Tatarenland, überall als 
Deutscher fürstlich empfangen und mit überströmender 
Gastfreundschaft verwöhnt. Prachtvolle Gastgeschenke, Dolche 
mit eingelegter Goldarbeit, bunte Teppichgemalde, an denen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.