Volltext: Die Wölfe [42]

gesentrausport erwischt hatte», saßen anfacht Jahre im Zucht- 
Hans. Der Fürst konnte und wollte uns nicht helfen. Wir saßen 
fest, rettungslos fest. Schauerliche Nächte vergingen, in denen ich 
ohne Mantel schlaflos am Feuer fror, das ich nach und nach mit 
dem halben Schuppen heizte. Eisige Winde heulten um die 
Felsen, dann kam Schnee und Frost, der uns ganz stumpf 
fror. Hungrig — wir bekamen nur Tee und Brot, denn in 
die Barackenstadt, in der es von Soldaten und Armeniern 
wimmelte, trauten wir uns nicht — liefen wir in der zugigen, 
offenen Scheune auf und ab. 
Ein Elend: Schnee, Frost, Hunger und Gefahr, erwischt 
zu werden. Tausende von Kilometern waren wir gelaufen 
und kurz vor dem Ziel zusammengebrochen. Es war zum 
Verzweifeln, aber wir waren zu stumpf zum Weinen. In 
meinen Adern schlich Fieber, rote Flecke brannten auf meinen 
bleichen Wangen, Tag um Lag sog eine blutige Ruhr an den 
letzten Kräften. 
Jsmael wollte uns in sein Dorf zurückschicken und als Gäste 
bis zum Frieden beherbergen. Wir dachten an Persien, wußten 
aber nicht, wie und wohin. 
Am zehnten Tage, als ich hinter der Scheune auf einige 
wärmende Sonnenstrahlen lauerte, die ab und zu durch die 
grauen Schneewolken brachen, setzte sich ein fremder Jngusch 
zu Reiß. Der Doktor blieb einsilbig, wüßten doch schon zu viele 
von der Anwesenheit flüchtiger Offiziere in Sorokomüsch. 
Zufällig sprach der Fremde von Persien. Der Doktor horchte 
auf. Der Jngusch war in Persien gewesen und meinte, daß 
uns doch noch dieser Weg bliebe; ja, er wollte uns selbst führen 
und zu einem Tataren bringen, der als russischer Offizier und 
—wie ihm bekannt—türkischer Spion am besten helfen konnte. 
Aus dem winterlichen Sorokomüsch landeten wir zum dritten 
Male in Tiflis, das unter warmer Herbsisonne fröhlich lärmte. 
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