Schwarzen ohne Begleitung zu treffen, um ihm eine Kugel in
die Rippen zu jagen. Solange der Schwarze begleitet wurde,
wagte er nicht zu schießen, um nicht versehentlich den Falschen
zu treffen und dadurch selbst unter Blutrache zu kommen.
Am siebenten Abend gürtete ich meinen Dolch und ging
ins Nachbardorf, um nach Jsmael zu sehen. Er war zurück
und bat, daß wir gleich in sein Haus übersiedeln möchten.
Albast begleitete uns bis vor das Dorf. Auf einem kleinen
Hügel umarmte er uns mit Tränen in den Augen und konnte
sich nicht txennen. „Allah schütze euch, Germanen." Er rieb
seine stachlige Wange an unsere nicht weniger bartverwilderten
und stammelte seinen russischen Wortschatz.
Ein Wind flog über das Tal, daß der Mais klagte, jagende
Wolken türmten sich, Blitze zuckten, Donner krachten. Mit
wehenden Kleidern kämpfte sich ein kleiner Greis auf den Hü
gel. Uralt wackelte sein zahnloser Kopf unter einem grünen Tur
ban, der den Mekkapilger kündete. Blutigrot leuchtete sein Pur-
purbeschmet in den grellen Blitzen — es war der einzige noch
lebende Krieger Schamils, den die Leute auf hundert Jahre
schätzten. Der alte Krieger, der im Kopf etwas konfus zu sein
schien, der vor sechzig Jahren fünfundzwanzig lange Jahre mit
Säbel und Reiterpistole gegen die Russen gekämpft, umarmte
uns unter Blitz und Donner abwechselnd mit Albast. „Oh, oh,
Germanen, Germania," sagte er. Mehr verstanden wir nicht.
Das Leben macht sonst jeden Tag ein anderes Gesicht —
hier schien es mit dem gleichen Sommerlächeln, in das lang
sam ein herbstliches Messinggelb kam, durch Jsmaels geputzte
Scheiben, wenn ich in einem ordentlichen Sessel mit weiß-
leinenem Überzug am Fenster saß oder meinen rasierten
Mohammedanerschädel im Garten bräunen ließ zwischen
riesigen Sonnenblumen, die von mannshohen Stengeln ihre
reifen Körner mir vor die Füße streuten.