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geflüchtet. Der junge Fürst ist sehr liebenswürdig und hat
mir das Schlafzimmer der Fürstin-Mutter, die auf dem
Lande ist, eingeräumt."
In einem sonnendurchfluteten Mkoven, in weichen, so be
quemen Sesseln waren meine Erlebnisse bald erzählt.
Der blaue Rauch von duftenden Zigaretten kräuselte sich
in den Sonnenstrahlen — seliges Gefühl des Geborgenseins.
Mit geschlossenen Augen hörte ich dem Doktor zu, dessen
Erlebnisse wie ein Märchen vorüberglitten:
Aus P. war er abgefahren mit einem jener weißen, schönen
Flußdampfer. Den Stil einer Kajüte erster Klasse verdarben
seine schlotternden, zerknitterten Kleider. Der kleine Aus
wandererkoffer schaute sich fremd in der Luxuskabine um.
Über dem breiten, ruhigen Strom lag prachtvolles Sommer-
wetter.
Der Doktor zog einen reinen Kragen an, um der neuen
Situation etwas gerecht zu werden, und setzte sich im Salon
an das Klavier.
Eine junge, alleinreisende Dame blickte mit beobachtenden
Augen, ein schlankes, feines Kind mit klugem Köpfchen auf
biegsamem Körper. Auf dem Promenadendeck trat sie neben
Reiß an das Geländer:
„Sie haben so schön gespielt, Sie sind kein Russe, ver
mutlich Österreicher?"
„Ja, ich bin österreichischer Pole und Zivilgefangener."
Drei Tage glitten sie so stromab bis zu einem Nebenfluß,
an dem der Doktor den schönen Dampfer verlassen mußte.
Zwei weitere Tage stampfte ein schmutziger, rauchender
Kahn in schmaler Fahrtrinne.
Ohne Paßkontrolle schritt der Doktor um sechs Uhr früh
über einen wackligen Steg in den Ort, dessen kleine Hauser
sich ängstlich am Ufer zusammendrängten. Ein Mann in