Volltext: Richtlinien für die Agitation bei den Gemeindewahlen in Oberösterreich

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müssen Tag für Tag die Bahn benützen, um zur Arbeite 
statte, bezw. zum häuslichen Herd zu gelangen. In den 
Nachbargemeinden Steyrs, in St. Ulrich und Garsten, 
herrscht das gleiche unerträgliche Wohnungselend. 
Dem beschämenden Zustand, daß in der Hauptstadt des 
Landes ein Zehntel, in der zweitgrößten Stadt sogar ein 
Fünftel der Bevölkerung nicht einmal über eine auch 
nur den bescheidensten Ansprüchen genügende Woh 
nung verfügt, muß der Landtag endlich seine Aufmerk 
samkeit zuwenden, zumal das Wohnungselend in den übri 
gen Städten rutd Marktgemeinden nicht minder groß und 
in den Dörfern geradezu entsetzlich geworden ist. Unsäg 
liche Opfer haben die Städte gebracht, um diesen schweren 
sozialen Notstand zu bekämpfen, aber ihre Kassen sind leer, 
ihre Steuerquellen erschöpft. Die Industrie und das Ge 
werbe der Städte müssen nach wie vor zur Beitragsleistung 
herangezogen werden, es muß aber auch der während und 
nach dem Kriege wohlhabend gewordene ländliche Besitz, 
der bisher unter dem besonderen Schutze der Gesetze stand 
und fast steuerfrei blieb, sich seiner Pflichten gegen die 
Stadt erinnern, deren Aufwand auch ihm zugute kommt. 
Es muß dies um so ausgiebiger und rascher geschehen, als 
sonst kaum zu verhindern wäre, daß der Geist der Ver 
zweiflung Oberhand gewänne in jenen, die in elenden 
Höhlen zu Grunde gehen, nicht wert den Namen einer 
Wohnung zu tragen, in jenen, die in verfallenen Häusern 
stündlich in Todesgefahr schweben, in denen, die ganz ob 
dachlos sind. Und es darf um so weniger zugewartet wer 
den, als Tausende Proletarier in Oberösterreich arbeitslos 
geworden sind und bei zunehmender Teuerung von einer 
Unterstützung leben sollen, die kaum hinreicht, die Kosten 
des trockenen Brotes zu decken. Durch den Bau neuer Woh 
nungen, durch die Inangriffnahme von Reparaturarbeiten, 
die ohne uneinbringlichen Schaden nicht länger hinaus 
geschoben werden dürfen, könnte Arbeitsgelegenheit ge 
schaffen, die Wohnungsnot und das Arbeiterelend zugleich 
gemildert werden. Mit aller Entschiedenheit muß noch 
mals betont werden, daß die Städte, die, wie bisher, alles 
tun werden, um den geschilderten unheilvollen und gefahr 
drohenden Zustand zu beheben, für sich allein nicht die not 
wendige finanzielle Kraft besitzen und der tatkräftigen 
Unterstützung des gesamten Landes bedürfen. Die Stel 
lungnahme des Landtages zu diesen ernsten Fragen wird
	        
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