Volltext: Richtlinien für die Agitation bei den Gemeindewahlen in Oberösterreich

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Und dies kam so: 
Am 1. Juni 1922 brachten die sozialdemokratischen 
Landtagsabgeordneten G r u b e r, M e h r und M a y c r- 
Hofer nachstehenden Dringlichkeitsantrag im 
vberösterreichischen Landtag ein: 
„Auf keinem Gebiete haben sich die Sünden der kapita 
list'schen Gesellschaftsordnung schwerer gerächt, als auf 
dem des Wohnungswesens. Das Privatkapital zeigte schon 
vor dem Kriege wenig Neigung, sich der Bautätigkeit zu« 
zuwenden, da andere Unternehmungen höheren Gewinn 
verhießen. Mochte solcher Profit auch auf dem Sumpf 
boden der Erzeugung unnützer, ja selbst soz'algefährlicher 
Waren emporwuchern, mochte das schwere Defizit an men 
schenwürdigen Unterkünften die Säuglingssterblichkeit ver 
vielfachen, die Tuberkulose mehren, die Kriminalität stei 
gern — das Volksinteresse hatte sich dem Sonderinteresse 
des Kapitalisten unterzuordnen!. Staat, Land und die vom 
Hausbesitz beherrschten Gemeinden duldeten, ja schützten 
diesen Zustand und so kam es, daß schon vor dem Kriege 
der jährliche Zuwachs an Wohnungen weit hinter dem 
Bevölkerungszuwachs zurückblieb. Im Kriege wurde jede 
Bauführung stillgelegt, nach dem Kriege schlossen die ge 
steigerten Kosten jede private Bautätigkeit aus. So kam es 
zu jenem grellen Mißverhältnis zwischen Angebot und 
Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt, das zu einer der größ 
ten Gefahren für alle geworden ist. Tausende von Fami 
lien sinld zerrissen, Familienväter leben fern von Weib und 
Kind, Tausende sind in grauenerregenden Räumen zusam 
mengepfercht, Tausende wohnen in verfallenden Häusern 
und sehen verzweifelt den immer näher rückenden Schrek- 
ken der Obdachlosigkeit entgegen. 
Besonders kraß tritt d'e Wohnungsnot in Oberöster 
reich in Erscheinung. Nach der „Oberösterreichischen Sta 
tistik" waren die Wohnungsverhältnisse in Linz, Steyr und 
in den größeren Städten Oberösterreichs schon vor dein 
Kriege weit schlechter als in Wien. Während im Jahre 
1910 in Wien unter 1000 Einwohnern nur 14 in Kellern 
oder im Untergeschoß wohnen mußten, waren es in Linz 
40, in Urfahr 44! Während es damals in Wien nur 1.54 
Prozent Dach- und Kellerwohnungerl gab, waren es in 
Linz und Urfahr 8.78 Prozent. Die vom Linzer Gemeinde 
rat beschlossene, am 8. März 1922 begonnene kommissionelle 
Erhebung der Wohnungsverhältnisse in der Landeshaupt
	        
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