Volltext: Das Mühlviertel im Kriegsjahre 1809. Rohrbach, Kath

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in Eure Mitte mit der Schnelligkeit des Adlers." Die Schlachten bei Abensberg, 
Landshut und Eckmühl fielen für die Oesterreicher unglücklich aus. Vor der Kavallerie- 
übermacht der Franzosen mußte Erzherzog Karl den Rückzug antreten. Sein Rückzug 
bewegte sich von Rcgensbnrg, wo er abermals eine Niederlage erlitt, nach dem südlichen 
Böhmen, während Napoleon auf kürzestem Wege Wien zu erreichen strebte. 
Das fünfte Armeekorps unter Erzherzog Ludwig und das sechste unter Hitler 
hatten sich vereinigt und rückten nun an den Inn und von da nach Obcrösterrcich 
zurück. Passau wurde am 26. April von den Unsrigen geräumt, nicht wenige Land- 
wehrmänncr eilten zu den Ihrigen nach Hause, weil sie schon alles für verloren 
hielten, aber der Kern blieb bei den Fahnen. 
Am genannten Tage erschienen auch bereits Franzosen vor Schärding, das 
Kaiser Franz bekümmerten Herzens tags zuvor verlassen hatte. Der Kommandant 
wurde aufgefordert, die abgebrochene Brücke wieder herzustellen. Als dieses nicht 
geschah, wurde die Stadt am 27. April in Brand geschossen. Am folgenden Tage 
rückten bereits 30.000 Feinde herüber und schlugen Lager. 
Ein heimischer Schriftsteller') entwirft folgende farbensatte Schilderung dieses 
Uebcrganges: „Dröhnend marschieren französische Kolonnen, 30.000 Mann vom 
Korps des Marschalls Davoust und Massen«, über die Notbrücke, welche bei Schärding 
die beiden Ufer des Inn verband. Unter den Hufen der Rosse korsischer Reiter 
knarren die Balken, dann rückt die französische Infanterie herüber, bärtige Männer 
in dunkelbraunen Röcken mit gelben oder roten Aufschlägen, roten Fedcrbüschen auf 
den hohen Tschakos. Hinter diesen Truppen ziehen die Nassauer einher, schmucke, 
junge Bursche in grüner Uniform, die noch nicht österreichisches Pulver gerochen. 
Dann kommen Portugiesen mit braunen, mageren Gesichtern, ellenlangcü Schildern 
an den Tschakos, was diesen Hilfstruppen ein komisches Aussehen verlieh. Hinter 
den dürren Söhnen des Südens marschieren die gut genährten Bayern und Württcm- 
berger, denen man die Scham vom Gesichte herablesen konnte, daß sie der Völker 
tyrann Napoleon als deutsche Brüder zum Kampfe gegen Deutsche gepreßt. Französische 
Reiterei folgt. Blaue und rote Lancicrs tänzeln auf kleinen Rößlein einher, sie 
tragen silberne Sonnen, weiße Federbüsche ans der dunkelroten Tschapka (Mütze), 
weiße und rote Fähnlein an den Lanzen. Hinter ihnen sprengen reich uniformierte 
Husaren, denen dreiteilig geflochtene Zöpfe am Scheitel herabhängen. Einen sonderbaren, 
theatralischen Anblick gewähren die Dragoner der italienischen Garden in ihrem 
schimmernden Schmucke; hinter ihnen traben die Chasseurs (Jäger zu Pferde), braune 
Gesellen vom Po und Corsica, in grünen Spensern und mit riesigen Pelzmützen. 
Französische Kürassiere, die Trikolore (dreifarbiges Abzeichen) am Helme, die Hommes do 
fer, die Eisenmänncr in ihren Panzern, Artillerie hinter ihnen, deren Soldaten dunkel 
braune Uniformen, deren Geschütze und Munitionswägen hochrote Abzeichen tragen." 
Zum dritten Male innerhalb zehn Jahren standen also harte, rücksichtslose 
Feinde im Lande. Die Wendung der Dinge hatte alle Kreise Oesterreichs anss tiefste 
erschüttert. Am meisten hatte der Aeußcrn-Ministcr Graf Stadion zum Kriege geraten; 
jetzt rief er aus: „Mein Gott, mein Gott! alles ist verloren!" und sank wie ohn 
mächtig zusammen. Aus dem mit so großer Begeisterung, so großen Hoffnungen 
begonnenen Offensivkriege war mit einem Schlage ein Defensivkrieg geworden mit 
geringer Aussicht auf Erfolg. Napoleon sprach cs offen aus, daß er in Wien selber 
über das weitere Schicksal Oesterreichs entscheiden wolle?) 
*) F. Zöhrer, Oberösterreichs Chronik. II. Linz 1894. S. 173 f. 
2 ) I. B. Weiß, Weltgeschichte. XXI? Graz 1897. S- 660.
	        
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