Volltext: Lisli

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„Elise," hub die Mutter an, „wir sind jetzt 
allein und ungestört, deshalb fasse Zutrauen zu 
mir, ich komme Dir auf halbem Wege entgegen und 
will Dir sagen, was Dich seit einiger Zeit so sin 
nend macht — es ist Liebe! Du liebst Franz! Ist es 
nicht so?" 
Elise sank der Mutter zu Füßen und ihr Locken- 
Haupt in ihren Schovß verbergend flüsterte sie ein 
leises „Ja". 
„Siehe, Elise, ich wußte cs, dem Mutterauge 
konnte es nicht verborgen bleiben; wenn auch Dein 
Mund Nichts verrieth, so war cs Dein Blick, der 
Dir so oft zum Berräther ward, wenn Du Dich un 
beachtet glaubtest. Du bist nun zwanzig Jahre alt, 
ein frommes sittsames Mädchen, und ich habe gegen 
Deine Neigung Nichts einzuwenden, denn ich glaube, 
Franz meint es gut und ehrlich mit Dir. — Franz 
hat heute schon mit mir gesprochen und gab mir die 
heilige Versicherung, daß er es gewiß treu und gut 
mit Dir meine. Siehe, Elise! ich bin alt, meine Tage 
sind gezahlt, und ich möchte Dich gerne noch vor mei 
nem Tode sicheren Händen anvertraut wissen. Wie lange 
kann es noch dauern, so bekömmt Franz eine sichernde 
Anstellung, Du wirst dann seine Frau, und ich kann 
in Gottes Namen Euch segnend froh meine Augen 
schließen." 
„Mutter," rief. Elise, „spreche nicht vom Ster 
ben ! Du machst mein Herz mir brechen. Es ist wahr, 
ich liebe Franz mit aller Glut! Ich liebe ihn, wie 
Dich, so sehr, und doch ist diese Liebe so verschieden. 
Deine Liebe gleicht dem kühlen Thau, der die Blüm 
chen frischt, die nach Regen lechzen, Deine Liebe 
gleichet dem klaren Quell, die nie versiegt, während
	        
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