Volltext: Anna Boleyn

Mein Bild wird keine Künstlerhand mehr üben. 
Doch muß ich dich entschädigen — diese Locke 
Sei dein, — doch tauche sie nicht in mein Blut. 
Ella. 
Warum kann nicht das Meine für euch fließen, 
Statt dieser Thränen? 
A n n a. 
Ella, du vergissest: 
Du schwurest einst „zu theilen meine Neue," 
Als du, den heil'gen Schleier in der Hand, 
Mich zu erhabnem Märtyrthume mahntest. 
Ella. 
Du hast gebüßt schon, Anna! 
Anna. 
Ella, nein, 
Noch nicht bereut, wie ich es soll — ein Vorwurf 
Hält noch die Thräne dieser Reue auf. 
Ich war an Heinrich strafbar. (Ella staunt.) 
A n n a. 
Konnt' ich sagen, 
Daß ich ihn nie geliebt?! o falschestes 
Der Worte, die noch Furien eingeflüstert, 
Strafbarstes, das noch Frauenlippen sprachen, 
Furchtbarste Lästrung, die ein treulos Mitleid 
Der Seele, der gefolterten, geliehn! 
Ella. 
Sie war's, die stets Verderberin dir war — 
Du kennst sie nun. 
Anna. 
O meines Bruders Ehre! 
Hier dieses Blatt — es ist mein letzter Seufzer, 
Er wird ihm glauben — W ahrheit ist das Labsal 
Der Sterbenden — ich habe ihn geliebt! 
Und nun, mein Herz, gehöre nur der Reue, 
Die Gott gefällt — ach, mehr, als eine Reue, 
Die nicht zu ihm führt, hegt das Menschenherz! 
Des Lebens Götzendienst hab' ich zu büßen, 
Und eine Liebe, — die nicht Gott versöhnt. 
O Katharina, Heilige, bitte du 
Für mich — für Heinrich bitte — nur für ihn, 
Er wandelt fort in Blut — der Glaube, den 
Er England giebt und läßt, ist das Entsetzen. 
(Zu Ella.) Berufen wird er einstens dich zu sich, 
Wird viel dich fragen, seufzen auch vielleicht, 
Sag' ihm: wann seine Scheidestund' erklingt,
	        
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