Volltext: Analyse der Laute der menschlichen Stimme vom physikalisch-physiologischen Standpunkte

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damit dieser oder jener Laut entstehe, so würden wir unsere Auf 
merksamkeit vorzugsweise der Thätigkeit des Organes zuwenden; 
jetzt würden wir diesen, jetzt einen andern Theil bewegen; jetzt 
den Mund schließen oder öffnen, jetzt die Stimmbänder vibriren 
lassen re., dieß geschähe wohl Alles mit Bewußtsein und guter 
Einsicht, allein wenn der Sprechende auf Alles dieses Acht geben 
wollte, hätte er da noch Zeit, seine Gedanken einem anderen 
Stoffe zuzuwenden? Wie einfach ist der Laut, wie einfach das 
Wort, gegenüber dem mechanischen Prozeß, durch den es entsteht! 
— wir lassen die Worte entstehen und folgen, — das Ohr kon- 
trollirt ihren Laut, der Geist ihren Sinn. 
Nehmen wir nun an, Jemand habe ein ganz gutes Sprach- 
Organ, aber er sei taub, d. h. er besitze die objektive Fähigkeit, 
Laute hervorzubringen, es mangle ihm aber die Fähigkeit, sie 
wahrzunehmen; nehmen wir überdieß an, er versetze sein Sprach- 
Organ in Thätigkeit und erzeuge irgend einen Laut; so ist dieser 
für ihn, da er ihn nicht wahrnimmt, nicht vorhanden. Die 
Thätigkeit ist insofern für ihn ohne Wirkung und er thut, streng 
genommen (von seinem Standpunkte aus) nichts, oder von un 
serem Standpunkte gesprochen: er glaubt nichts zu thun. 
Nun können wir ihm nicht zumuthen, daß er etwas thue, 
was in seinen Augen ein wahres Nichtsthun ist. Der Gebrauch 
des Sprachorganes unterbleibt also, weil er es nicht zu gebrau 
chen weiß oder weil ihm die subjektive Fähigkeit, Laute hervorzu 
bringen, mangelt. Der Taubgeborene muß also zugleich auch 
stumm sein.
	        
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