Volltext: Ueber die Feststellung der Gebühren der Advocaten

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schlechte Bezahlung der anwaltschaftlichen Leistungen die Folge nach sich 
zieht, daß sich nur selten besser qualificirte Persönlichkeiten dem Advoca— 
tenstande zuwenden, und darum der innere Werth der Leistungen sinkt. 
Ohne von der gemeinen Gesinnung erfüllt zu sein, welche nach dem 
Lohn die Arbeit einrichtet, würde der Einzelne genöthigt durch viele Ar— 
beit das zu verdienen, was zu seiner Existenz nothwendig ist, und daher 
der einzelnen Arbeit weniger Mühe und Aufmerksamkeit zuwenden können. 
Weiters wird die Einwendung erhoben, daß damit außerordentliche 
Persoͤnlichkeiten keine Gelegenheit haben, ihren außerordentlichen Eigen— 
schaften entsprechendes Einkommen zu erhalten, daß sohin der Sporn zu 
besonderer Thätigkeit entfällt. — J — 
Man gestatte uns einige gerechte Zweifel an dem besonderen Ver— 
dienst dieser Außerordentlichen unseres Standes zu hegen. — — 
Besonderer Fleiß und außergewöhnliche Energie finden auch bei ge— 
setzlich taxirten Leistungen darin ihren Vortheil, daß solchen Anwälten 
selbstverständlich mehr und wichtigere Rechtsangelegenheiten übertragen 
werden , als eben den minder glücklich ausgestatteten Collegen. ——— 
Andere mit außerordentlichen Eigenschaften ausgestattete Genies, 
wenn sie nicht eben — wie wir so haäͤufig gefunden — bei näherer Un— 
tersuchung sich als durch die Kuñst einer besonderen Verwerthung natür— 
licher Anlagen und den Chorus von gedankenlosen Bewunderern aufge— 
blähte, ganz gewöhnliche Menschen zeigen, werden unserm Stande immer— 
hin dann mehr Ehre machen, als sie aus demselben Gewinn ziehen, aber 
dazu ist eben die Verwaltung der Rechtspflege nicht geeignet, das F orum 
darf kein Theater sein, auf dem der Künstler das Publikum durch sein 
Spiel so weit täuschen und hinzureißen vermag, daß es ihm für die 
Stunde der Täuschung hohen Lohn zahlt. 
Halten wir in Oesterreich und Deutschland von unsern Gerichts⸗ 
sälen lieber diese genialen Comödianten dadurch ferne, daß wir ihnen 
nicht so glänzenden Lohn in Aussicht stellen. — , 
Allen Einwendungen gegenüber können wir uns darauf berufen, daß 
eben in vielen Ländern des schriftlichen wie des mündlichen Verfahrens 
die Feststellung der Anwaltsgebühren durch Tarife besteht, und daß so 
sehr in dieser oder jener Beziehung von den Praktikern daran getadelt 
wird, doch alle im Prinzipe einig sind. 
Vor Kurzem schrieb der durch dreißig Jahre der Advocatur mit Aus— 
zeichnung angehörig gewesene Obergerichtsrath Dr. Bernays in Mainz 
an uns über unsere Anfrage, wie sich praktisch in Rheinhessen der Tarif zeige: 
— „Nach französischem Recht, (Gesetz vom 16. Febr. 1807) ist jeder 
Prozeßakt bestimmt tarifirt, so daß leicht kein Advocat eine höhere An—
	        
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