Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1913 (1913)

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Scheine zurückweisend. „Jeder kann den Preis für sein Eigentum bestimmen. 
Das Kleid kostet mir wahrscheinlich Arrest wegen Dienstversäumnisse, so 
dann die Gerichtskosten des soeben von mir verlorenen Prozesses. Ich ver 
lange tausend Rubel." 
Die Zuhörer lachten auf, der Richter gebot energisch Ruhe und 
erklärte: „Die Forderung ist unverhältnismäßig hoch, indessen die beklagte 
Partei braucht sie nicht anzunehmen, die Dame kann ja ans den Rückkauf 
des Kleides verzichten und dasselbe hier lassen." — „Tausend Rubel — 
das ist unverschämt!" schrie die Dame wütend. — „Keineswegs," erwiderte 
höflich der Leutnant, „auch gedenke ich nicht etwa einen Profit bei dem 
Geschäfte zu machen. Der Überschuß soll den Militärwaisen aus dem 
letzten Kriege zugute kommen. Mit Rücksicht hierauf erhöhe ich nunmehr 
den Preis für mein Kleid auf zweitausend Rubel." Der Kaufmann zog 
die Brieftasche. „Hier sind zweitausend Rubel. Die Lektion ist teuer, aber 
sie wird auch ihr Gutes haben." Und würdevoll sprach der Richter: „Die 
Verhandlung ist geschlossen " 
Nedeblüten aus unserem Äbgeordnetenhause. 
Unter dem Titel „Die hopsende Zunge" ist vom ehemaligen Parlaments-Bericht 
erstatter des österr. Abgeordnetenhauses, August Angenetter, eine lustige Sammlung 
von Redeblüten erschienen, aus welcher wir nachstehende amüsante Stichproben 
folgen -lassen: 
Das ist ein Kuckucksei, das der zweischwänzige Löwe hinterrücks ins deutsche 
Nest gelegt hat. 
Es ging ein Kamel im Syrerland, 
Führt einen Mann am Halfterband! 
So, meine sehr geehrten Herren, kommt mir das Abgeordnetenhaus im Ver 
hältnis zum Ministerpräsidenten vor. 
Dieses Vorgehen erinnert mich an das Bild einer Schlange, die sich selbst 
auffrist, so daß nur ihr Schwanz übrigbleibt. 
Auch ich war einst ein Lehrjunge, der von seinem Lehrmeister und den Gesellen 
bis zur totalen Verblödung geschlagen wurde. 
Der jetzige Kultus- und Unterrichtsminister ist ein Mann, dessen linke Hand 
nie weiß, was die rechte sagt. 
Ich kann nicht länger schweigen, ohne einige Worte zu sagen. 
Der Herr Vorredner wollte durch seine von Gift und Galle diktierten Aus 
führungen mich verwunden, währenddem hat er sich selbst sehr schmerzhaft auf den 
Schwanz getreten. 
Über diesen Fall sage ich mit dem berühmten Sokrates: „Zwar weiß ich 
nichts, doch möcht' ich alles wissen." 
Auf dem Lande nehmen die Steuerinspektoren dem Bauer das letzte zerrissene 
Hemd aus dem Mund. 
Zentnerschwer lastet auf unserer Presse das Auge des Gesetzes. 
Ein wichtiger Zweig der Landwirtschaft ist die Aufzucht des Viehs, dem auch 
ich die Ehre anzugehören habe. 
Was nützt das Fletschen der Zähne, wenn man dieselben verloren hat. 
Der Herr Vorredner möge sich gewissenhaft bei seiner Nase nehmen, dann 
wird er erkennen, wo seine Archillesferse sitzt. 
Meine Herren! Wenn wir das Vieh schützen, dann schützen wir auch uns.
	        
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