Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1913 (1913)

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Neuanlage eines Obstgartens. 
Die Verhältnisse, unter denen ein Obstgarten angelegt wird, sind 
naturgemäß sehr verschiedenartig, schreibt Karl Geißler im Lehrmeister im 
Garten und Kleintierhof. Einmal kommt es auf die Gegend an, dann 
spielen die Geldfrage, der persönliche Geschmack, Markt- und Absatzverhält 
nisse dabei eine so wichtige Rolle, daß es nicht möglich ist, eine für alle 
Fälle maßgebende Norm aufzustellen. Der Platz für den Obstgarten sei 
nach Westen, Norden und Osten vor Winden geschützt durch Wald, hügeliges 
Land und Häuser. Wo solcher Schutz nicht vorhanden ist, schaffe man mög 
lichst bald einen solchen durch eine recht dichte und hohe Tannenhecke an 
der Grenze. Von Süden her sollen die Sonnenstrahlen ungehindert eintreten 
können. Das Wohnhaus finde seinen Platz möglichst nach Norden zu. Die 
nutzbare obere Bodenschicht soll mindestens im Durchschnitt anderthalb Spaten 
tief sein. Schwerer oder mittelschwerer Boden verdient im allgemeinen den 
Vorzug, da man mit weniger Dünger auskommt. Es gibt aber auch hie 
und da ganz leichte Bodenarten von großer Fruchtbarkeit. Ein Gelände mit 
kleiner Neigung nach Süden ist das beste. Auch steile Abhänge, die nach 
Süden, Südwesten oder Südosten abfallen, sind für Obstanlagen wertvoll. 
Über das Pflanzenmaterial werde man sich vorerst klar: Soll der künf 
tige Ertrag der Anlage dem eigenen Bedarf oder soll er dem Verkaufe 
dienen? Im ersten Fall baue nach Geschmack verschiedenerlei Obstsorten in 
je wenigen Exemplaren; im zweiten heißt es: wenig Sorten, viele Bäume 
einer Sorte. 
Welche Sorten man zu wählen hat, das im besonderen anzuführen, 
ist hier nicht möglich. Im allgemeinen nehme man Sorten, die in der 
Gegend gut gedeihen, dem Boden, dem Klima und der Nachfrage jeweils 
genügen. Wer den Markt beschicken will, zieht gewöhnlich schön aussehende, 
rotbackige oder sehr große Sorten den oft unscheinbareren, aber edleren 
Arten vor. Wer dagegen direkt an Privatkundschaft Obst abgibt, hat mit 
feinem Tafelobst mehr Erfolg Wer frühzeitig Ernten erzielen möchte, pflanze 
kleine Baumformen: Schnurbäume, Pyramiden, Buschbaume. Wer in späteren 
Jahren große Erträge erzielen will, der wähle Halb- oder Hochstämme. Feine 
und große Früchte tragen die kleinen Formen, große Mengen bringen die 
großen Baumformen hervor. 
Die Arbeitsleistung, die ein nutzbringender Obstgarten erfordert, wird 
oft unterschätzt. Im allgemeinen gilt hier als Regel: Wenige, gut gepflegte 
Bäume bringen mehr ein als eine große Menge schlecht in stand gehaltener. 
Wer seinen Garten allein bewirtschaften will und in der Lage ist, ihm täglich 
mehrere Stunden zu widmen, hat mit einer Fläche von 2 bis 3000 m 2 
schon ein sehr stattliches Arbeitsfeld vor sich. 
Eine wesentliche Arbeilserleichterung bildet die Anlage eines oder 
mehrerer Wasserbecken, die inmitten der Pflanzung liegen und durch die 
Leitung gespeist werden. Mitten durch die Anlage führe ein größerer, fester 
bequemerer Weg ohne viel Biegungen; je nach Ausdehnung auch mehrere 
solche Wege. Die Bäume pflanze man in regelmäßigen, genügend weiten 
Abständen, geradlinig, mit der Reihenrichtung von Nord nach Süd.
	        
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