Eine Lektion am Telephon.
Der junge Buchhalter Gregor Ringsdorf war über alle Maßen ein
gebildet. Er trug die höchsten Stehkragen, auffallendsten Krawatten und
benutzte Spiegel und Bürsten in der ausgiebigsten, unnötigsten Weise.
Wenn er aus der äußeren Rocktasche sein duftendes Reklametaschentuch
zog und entfaltete, und das tat er sehr oft, so geschah es stets mit einer
Ziererei, die jedem ein mitleidiges Lächeln entlockte.
Dazu war er unter seinesgleichen ein schlechter Kollege, der hoch
näsig, ohne jede Berechtigung immer einen gewissen Abstand betonte. Da
er auch den harmlosesten Scherz, zumal wenn er seine Person anging,
nicht vertragen konnte, so machte er sich im Kontor einfach lächerlich.
Seine Kollegen hatten es satt, sich mit ihm abzugeben, sie hätten
sich auch nicht im mindesten um den „parfümierten Überpinsel", wie sie
ihn mit Vorliebe zu bezeichnen pflegten, gekümmert, wenn sie nicht in
letzter Zeit eine Entdeckung gemacht hätten, die ihre Lach- und Spottlust
aufs höchste reizte. Sie hatten nämlich bemerkt, daß Ringsdorf, der sich
gerne am Telephon reden hörte, jedes Gespräch mit den Worten: „Hier
Herr Ringsdorf, wer dort?" begann.
Herr Ringsdorf!!! Donnerwetter, das war großartig!
„Kinder," sagte der dicke Buchhalter Faßbrenner, „darauf gehört
ein ordentliches Bescheidenheitspflaster, da kann mal eine kleine Lektion
nicht schaden!"
Am Abend drauf wurde in der „Blauen Amsel" ein lustiger Plan
ausgeheckt, mit dessen Ausführung man einen früheren Angestellten der
Firma, einen, gewitzten, stets schlagfertigen Menschen beauftragte.
Am andern Tage — der Chef war gerade abwesend, klingelte es
im Kontor an.
„Sehn Sie doch, bitte, mal nach, Herr Ringsdorf, was es gibt!"
sagte der Prokurist sanft. „Ich verstehe immer so schwer! Sie haben, ja
darin das geübteste Ohr!"
Ringsdorf lief geschmeichelt zum Telephon. Das Gespräch begann:
„Hier Herr Ringsdorf, wer dort?" — „Was? — Heringsdorf? Da bin
ich ja falsch verbunden!" — „Nein, nein, Sie irren, Sie verstehen mich
nicht: Hier Herr Ringsdorf in Firma Rosenfeld!" — „Wie? Herr Rosen-
seld ist in Heringsdorf? Das ist aber fatal, ich brauchte . . . ." — „Was
Eie nur wollen? Haben Sie denn keine Ohren? — Herr Rosenfeld ist