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vollständig ein, wie Begonien, andere behalten lebensfähige Wurzeln, wie
Lilien, Amaryllis, Vellote und andere, die dementsprechend nicht ganz ver
trocknen dürfen und zeitweilig zu begießen sind.
Die meisten Blumenliebhaber stellen ihre Pfleglinge zu warm. Der
ungeeignetste Raum zur Überwinterung ist das geheizte Wohnzimmer mit
seiner hohen Temperatur und überaus trockenen Luft und seiner künstlichen
Beleuchtung während der langen Abende. Namentlich „ist das Gaslicht
den Pflanzen sehr nachteilig. Der geeignetste Raum zur Überwinterung ist
ein ungeheiztes Nebenzimmer, dessen Temperatur nicht unter 6°ß sinkt.
Auch die Ausstattung eines Zimmers ist nicht ohne Einfluß auf das
Wohlbefinden der Gewächse. Mit Ölfarbe gestrichene Fußböden, die täg
lich feucht aufgewischt werden, sind weit besser als Parkettfußböden oder
schwere Teppiche, welche die Lufttrockenheit begünstigen, und dünne Mull
oder Tüllgardinen besser als schwere Portieren, die das Licht abhalten.
Runde Blumentische sind ganz und gar verwerflich, denn die eine
Hälfte der Pflanzen steht ständig im Dunkel und das Drehen des Tisches
vertragen die meisten Pflanzen nicht, ja die Kamelien und Fuchsien werfen
die Knospen ab, wenn ihr Standort auf diese Weise verändert wird. Des<
halb sind die länglich viereckigen Blumentische, die so lang sind, wie das
Fenster breit ist, die besten. Schließlich ist das Fensterbrett und der Raum
zwischen den Doppelfenstern im Wohnzimmer ein guter Platz für Pflanzen.
Hyazinthen, Primeln, Alpenveilchen gedeihen zwischen den Doppelfenstern
vorzüglich, wenn man es durch rechtzeitiges Öffnen der inneren Fenster
vermeidet, daß es in diesem Raum friert. Das Lüften der Zimmer bringt
vielen Zimmerpflanzen Gefahr und sollte geschehen, nachdem man die
Pflanzen provisorisch in ein anderes Zimmer gestellt hat.
Die schwierigste Arbeit ist das Gießen. Während man im Sommer
vielfach zu wenig gießt, geschieht dies im Winter leicht im Übermaß. Man
gießt im Winter nicht eher, als bis sich die ersten Anzeichen der Trocken
heit zeigen, wie leichtes Schlasfwerden der Blätter krautartiger Pflanzen,
leichtes Gewicht der im nassen Zustande schweren Töpfe, heller Klang der an
geschlagenen Töpfe, Auseinanderfallen der zwischen den Fingern gepreßten
Erdprobe von der Öberfläche der Töpfe und dergleichen Anzeichen mehr. Das
Gießen hat von oben zu geschehen, und das Wasser darf im Untersatz nicht
stehen bleiben. Durch Nachlässigkeit vollkommen ausgetrocknete Pflanzen
sind dagegen eine Zeitlang ganz in Wasser zu stellen, damit sich die Erde
wieder anfeuchtet, was durch einfaches Begießen nicht möglich wäre.
Die Zimmerpflanzen müssen im Winter ruhen; nur die so
genannten Winterblüher entwickeln ihre Blumen, aber Blatt- und Längen
wachstum ruht auch bei ihnen. Dieses Ruhestadium zu erhalten ist der
Zweck sachgemäßer Durchwinterung, denn alle Wintertriebe sind schwach
und auf Kosten der Reservestoffe der Pflanzen erzeugt und bringen ihnen
Verderben, da Ungeziefer mit Vorliebe an solche vorzeitigen Triebe heran
geht. Blattläuse aller Art sind durch Räuchern, Wolläuse und Schildläuse
durch Abbürsten mit Seifenwasser zu entfernen.