Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1910 (1910)

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vollständig ein, wie Begonien, andere behalten lebensfähige Wurzeln, wie 
Lilien, Amaryllis, Vellote und andere, die dementsprechend nicht ganz ver 
trocknen dürfen und zeitweilig zu begießen sind. 
Die meisten Blumenliebhaber stellen ihre Pfleglinge zu warm. Der 
ungeeignetste Raum zur Überwinterung ist das geheizte Wohnzimmer mit 
seiner hohen Temperatur und überaus trockenen Luft und seiner künstlichen 
Beleuchtung während der langen Abende. Namentlich „ist das Gaslicht 
den Pflanzen sehr nachteilig. Der geeignetste Raum zur Überwinterung ist 
ein ungeheiztes Nebenzimmer, dessen Temperatur nicht unter 6°ß sinkt. 
Auch die Ausstattung eines Zimmers ist nicht ohne Einfluß auf das 
Wohlbefinden der Gewächse. Mit Ölfarbe gestrichene Fußböden, die täg 
lich feucht aufgewischt werden, sind weit besser als Parkettfußböden oder 
schwere Teppiche, welche die Lufttrockenheit begünstigen, und dünne Mull 
oder Tüllgardinen besser als schwere Portieren, die das Licht abhalten. 
Runde Blumentische sind ganz und gar verwerflich, denn die eine 
Hälfte der Pflanzen steht ständig im Dunkel und das Drehen des Tisches 
vertragen die meisten Pflanzen nicht, ja die Kamelien und Fuchsien werfen 
die Knospen ab, wenn ihr Standort auf diese Weise verändert wird. Des< 
halb sind die länglich viereckigen Blumentische, die so lang sind, wie das 
Fenster breit ist, die besten. Schließlich ist das Fensterbrett und der Raum 
zwischen den Doppelfenstern im Wohnzimmer ein guter Platz für Pflanzen. 
Hyazinthen, Primeln, Alpenveilchen gedeihen zwischen den Doppelfenstern 
vorzüglich, wenn man es durch rechtzeitiges Öffnen der inneren Fenster 
vermeidet, daß es in diesem Raum friert. Das Lüften der Zimmer bringt 
vielen Zimmerpflanzen Gefahr und sollte geschehen, nachdem man die 
Pflanzen provisorisch in ein anderes Zimmer gestellt hat. 
Die schwierigste Arbeit ist das Gießen. Während man im Sommer 
vielfach zu wenig gießt, geschieht dies im Winter leicht im Übermaß. Man 
gießt im Winter nicht eher, als bis sich die ersten Anzeichen der Trocken 
heit zeigen, wie leichtes Schlasfwerden der Blätter krautartiger Pflanzen, 
leichtes Gewicht der im nassen Zustande schweren Töpfe, heller Klang der an 
geschlagenen Töpfe, Auseinanderfallen der zwischen den Fingern gepreßten 
Erdprobe von der Öberfläche der Töpfe und dergleichen Anzeichen mehr. Das 
Gießen hat von oben zu geschehen, und das Wasser darf im Untersatz nicht 
stehen bleiben. Durch Nachlässigkeit vollkommen ausgetrocknete Pflanzen 
sind dagegen eine Zeitlang ganz in Wasser zu stellen, damit sich die Erde 
wieder anfeuchtet, was durch einfaches Begießen nicht möglich wäre. 
Die Zimmerpflanzen müssen im Winter ruhen; nur die so 
genannten Winterblüher entwickeln ihre Blumen, aber Blatt- und Längen 
wachstum ruht auch bei ihnen. Dieses Ruhestadium zu erhalten ist der 
Zweck sachgemäßer Durchwinterung, denn alle Wintertriebe sind schwach 
und auf Kosten der Reservestoffe der Pflanzen erzeugt und bringen ihnen 
Verderben, da Ungeziefer mit Vorliebe an solche vorzeitigen Triebe heran 
geht. Blattläuse aller Art sind durch Räuchern, Wolläuse und Schildläuse 
durch Abbürsten mit Seifenwasser zu entfernen.
	        
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