Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1901 (1901)

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Mahnung! 
Wohl hat in den landwirtschaftlichen Kreisen sich die Erkenntnis 
bahngebrochen, daß bei der guten, althergebrachten Wirtschaft in Feld und 
Stall nicht mehr viel herausschaut, nicht mehr durchzukommen ist. Die 
Erträgnisse aus dem Acker, der Wiese, dem Stall sind nicht so groß, um 
den Anforderungen des heutigen modernen Lebens genügen zu können! 
Steuern, Lasten, Abgaben, welche Gemeinde und Staat, Schule und Kirche 
fordern, sind hoch hinaufgeschraubt und mehren sich noch; die Dienstboten 
und landwirtschaftlichen Arbeiter verlangen höhere Löhne, bessere Beköstigung 
und Pflege, ja auch kürzere Arbeitszeit, ohne, wie es wohl billig wäre, ein 
größeres Maß von Pflichttreue und Arb.eitsfreudigkeit ihrerseits zu gewähren. 
Der Bauer sammt seiner Familie kann sich dem Strome der fortrollenden 
Zeit auch nicht entziehen und größere Geldsummen werden für Kleidung, 
mehr häuslichen Comfort und Erziehung der Kinder aufgewendet. Diese zu 
tage tretenden Forderungen der Neuzeit lassen sich nicht in Fesseln und 
Banden legen, wie es von manchen Seiten angestrebt wird. 
Hemmnisse können wohl den Fortschritt verlangsamen, endgiltig be 
seitigen aber niemals! Was würde auch aus einem der Abgeschlossenheit 
und dem Stillstände hingegebenen Bauernvolke werden? 
Werden die Erträgnisse jetzt in größerem Maße eonsumiert, so muß 
versucht werden, durch Annahme neuer Wirtschaftsformen die Erträgnisse aus 
Grund und Boden zu steigern. Acker und Wiese muß productionsfähiger 
gemacht werden, das Arbeitsvieh zugkräftiger, das Nutzvieh milchreicher und 
leichter mastfähig, die theure Hand- und Gespannarbeit zweckmäßig durch 
die billigere Maschinenarbeit ersetzt werden. 
Daß auch dieses alles heute geleistet werden kann, haben wir der 
Wissenschaft zu danken, und an dem Bauer liegt es, ja es ist für sein 
gutes Fortkommen zur Nothwendigkeit geworden, wenn auch nicht diese 
Wissenschaft in ihrem ganzen großen Umfange, so doch die Grundsätze der 
selben sich eigen zu machen und bei der Bewirtschaftung seines Grundstückes 
zu verwerten! 
Geben wir dem Acker die Nährstoffe wieder zurück, welche ihm durch 
eine Ernte entzogen werden, so erhalten wir denselben in seiner vollen 
Kraft! Geben wir ihm mehr, so befähigen wir denselben zu einer höheren 
Production; ganz derselbe Fall ist es bei den Wiesen. Die Wissenschaft hat 
es uns gelehrt, die Praxis bewiesen, und so können wir mit ziemlich 
mathematischer Genauigkeit die Nährstoffmengen an Kali, Phosphorsäure, 
Stickstoff und Kalk berechnen, welche eine bestimmte Ernte.dem Boden ent 
zieht, ebenso wissen wir den eigenen Gehalt des Bodens an diesen Nähr 
stoffen zu finden, ferner kennen wir die Menge, Art und das Verhältnis 
dieser Nährstoffe in den animalischen wie in den sogenannten künstlichen 
Düngemitteln! Somit sind wir auch in der Lage, höhere, selbst höchste 
Ernten zu erzielen und, soweit es menschenmöglich ist, die Productions- 
fähigkeit des Ackers, der Wiese zu steigern: Gott lohnt die verständige Arbeit! 
Ebenso hat uns die Wissenschaft gelehrt, welche Nährstoffe und in 
welchen Mengen und Verhältnissen nothwendig sind zum Aufbau des
	        
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