Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1899 (1899)

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Hundertmal verwünschte der Jörgcnbauer seine Gewissenlosigkeit. 
Hätte er die Anzeige gemacht, dann hätte der junge wertvolle Ochse 
unschwer gerettet werden können. 
Der Thierarzt hätte einfach die gelockerten Theile der Klauen weg 
geschnitten, dem Eiter Abfluß verschafft und den ganzen Fuß mit des- 
inficierenden Mitteln behandelt. 
Diesen Weg hatte sich aber der Jörgcnbauer von Anfang an 
gründlich abgeschnitten. 
Das Thier erlag nach 14 Tagen seinen Leiden. Man fand es an 
einem Morgen todt im Stalle. Eine Blutvergiftung hatte seinem Leben 
ein Ende gemacht. 
Im Anfange der Krankheit hätte man den Ochsen noch schlachten 
und das Fleisch verwerten können. Durch die Schlachtung und die Fleisch 
beschau wäre aber die Seuche verrathen worden. Auch die Verwertung 
wurde dem Jörgcnbauer unmöglich gemacht. 
Die Nachbarschaft wußte von den Vorgängen in dem Hofe des 
Jörgenbauers nichts. 
Das Hofthor wurde fleißig geschlossen, und als der Ochse zugrunde 
gieng, wurde er in früher Morgenstunde vom Wasenmeister abgeholt, und 
die Nachbarn erfuhren nicht viel. 
Der Personenverkehr mit der Nachbarschaft wurde wie zuvor 
unterhalten. 
Wenige Tage nach Ausbruch der Seuche kommt der Jörgenbauer 
mit finstrer Miene aus seinem Kuhstalle heraus in den Hof. Da tritt 
sein Nachbar, der Hansenbauer, zu dem Hofthor herein und fragt ihn 
nach den Viehpreisen auf dem letzten Markte im Amtsstädtchen. 
Der Hansenbauer tritt dabei in dem Schmutze des Hofes herum, 
der mit Ansteckungsstoff geschwängert ist. Die Stallschuhe des Jörgen 
bauers hinterlassen in dem schmutzigen Hofe die schönsten Fußstapfen, und 
in diese tritt ahnungslos der Hanscnbauer. 
Der Hansenbauer verläßt nach einer halben Stunde den Hof. 
Seine Schuhe haben den Ansteckungsstoff aufgenommen. Mit diesen tritt 
er jetzt in seinen Hos und in seinen Vichstall. 
Hätte er für seine Arbeiten im Stalle ein gesondertes Paar Schuhe 
in Bereitschaft gehalten und angezogen, bevor er in seinen Stall gieng, 
dann hätte der Hansenbauer nicht in eigener Person die Seuche an seinen 
Schuhen in den Stall hineingetragen. 
Der Hansenbauer füttert seine Ochsen; nach 5 Tagen sind die 
Ochsen von der Seuche ergriffen, nach 10 Tagen ist alles Vieh in seinem 
Stalle krank. 
Der Hanscnbauer und mit ihm ganz Berghausen ist verwundert 
über den plötzlichen Ausbruch der Seuche. Es kamen ja keine fremden 
Personen in seinen Stall, es wurde kein Vieh angekauft und das Vieh 
des Hanscnbauern kam nie auf die Straße. Man wußte eben nicht, daß 
bei dem Jörgenbauern die' Seuche herrsche, daß der Jörgenbauer die 
Seuche vom Markte heimbrachte und daß der Hanseubaucr den Ansteckungs 
stoff an seinen Schuhen, vom Nachbar herüberschlepptc.
	        
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