Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1895 (1895)

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während des' Winters abhängig ist, und daß manches Stück Vieh, das 
während der Wintersütternngs-Periode denn Beile des Metzgers verfällt, 
dem Landmanne hätte erhalten bleiben können, wenn er sein Futter nach 
Menge und Güte so heimgebracht hätte, wie es die liebe Natur im 
Sommer hatte wachsen lassen. 
Da nun über den Nährgehalt von Futter, welches unter normalen 
Verhältnissen gewachsen und gut eingebracht worden ist, gegen beregnetes 
und sumpfig aufgewachsenes in neuerer Zeit namentlich durch die Unter 
suchungen der landwirtschaftlich-chemischen Versuchstationen sehr beachtenswerte 
Unterschiede nachgewiesen worden sind, so wird es nicht überflüssig sein, 
wenn jetzt schon auf einige besonders wichtige Ingeln bei der Bereitung 
und Einheimsung des Winterfutters, und zwar vom rein praktischen Stand 
punkte aus, aufmerksam gemacht wird. 
Das Wiesenheu ist in der Regel vor allen übrigen Futtermitteln 
dazu bestimmt, das Vieh während des Winters zu erhalten. Die Zusammen 
setzung seiner Nährstoffe ist die der Natur der Thiere am meisten zusagende, 
und seine Masse, da zur Grünfütterung nur selten davon verwendet wird, 
also alles Wiesenfutter zur Heubereitung bestimmt ist, neben dem Wurzel 
futter die größte. Von der Menge, Güte und Nahrhaftigkeit dieses Futters 
ist also zum größten Theile der ganze Nutzen, den wir aus der Viehhaltung 
während des Winters erzielen wollen, abhängig. 
Das erste, wofür der Landmann daher eifrigst zu sorgen hat, ist, daß 
auf den Wiesen neben reichlichem Futter gutes, gesundes Futter wachse. 
Von der größten Wichtigkeit ist der richtige Zeitpunkt des Mähens 
der Wiesen. Bei allen Pflanzen, sie mögen heißen, lvie sie wollen, beginnt 
alsbald nach der Blütenentwicklung die Samenbildung, und von dem Augen 
blicke dieser letzteren Function angefangen, wandern die wichtigsten Nähr 
stoffe, die seither in allen Theilen der Pflanzen vertheilt waren, aufwärts 
und tragen zur Samenbildung bei. Jedermann weiß, daß z. B. Roggen, 
Weizen, Gerste, Hafer, Welschkorn oder irgend welche anderen Pflanzen, so 
lange sie noch keine Körner angesetzt haben, den ähnlichen Nährwert haben, 
wie Grünfutter, daß aber von dem Augenblicke an, wo die Samenbildung 
dieser Pflanzen begonnen hat, der Stengel nichts anderes ist als Stroh! 
Das ganz gleiche ist der Fall mit den Wiesen- und Kleepflanzen. Der 
Nährwert von Wiesen- oder Kleeheu, das nach der Samenbildung 
gemäht worden, ist nicht größer als der des Strohes! 
Nicht selten hört man zwar von praktischen Landwirten die Ansicht 
aussprechen, daß der Samenausfall für die Wiesen nöthig sei, damit diese 
sich besser bestocken. Man glaube das ja nicht. Die allermeisten unserer 
Wiesengräser vermehren sich durch Wurzelausläufer und bedürfen des Samens 
nicht zur Bestockung. Dagegen füllt neben dem Grassamen eine Menge von 
Unkrautsamen, namentlich von Sauerampfer und den gelben Hahnenfuß 
arten mit aus, wodurch diese höchst unwillkommenen Gewächse von Jahr 
zu Jahr mehr überhand nehmen. In der Bibel heißt es ja schon: das 
Unkraut wuchert immer besser als der Weizen. 
Will man ein vollkommen nahrhaftes Futter heimbringen, dann ist die 
Zeit zum Mähen, wenn die meisten Gräser zu blühen anfangen.
	        
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