Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1892 (1892)

Die Hauptbedingungen zu gutem Leder sollen in Folgendem den 
Consumenten erklärt werden. 
Zunächst wird es von Interesse sein, die Art und Weise des Gerbe- 
processes zu kennen, derselbe läßt sich sehr leicht darstellen. 
Auf Eichen- oder andere Lohe^wird Wasser gegossen; in kurzer Zeit 
theilt sich die Gerbsäure dem Wasser mit. Wird von der gelösten Gerbsäure 
in Leimwasser oder Fleischbrühe gegossen, so ist die sofortige schnelle Ver 
bindung der Gerbsäure und des Leimes eine flockige Erscheinung von 
gelblichgrauer Farbe, welche sich langsam zu Boden setzt, die Folge; diese 
Verbindung kann feucht liegen, ohne jemals in Fäulnis überzugehen. Das 
ist der ganze Vorgang des Garwerdens zu lohgarem Leder. 
Was bei vorherigem Versuche schnellstens erfolgt, geht in der Thier 
haut sehr langsam vor sich. Das gründliche Durchdringen und Verbinden 
der Gerbsäure mit der in das Zellgewebe eingeschlossene:: Leimsubstanz er 
fordert je nach der Stärke der Haut lange Zeit, je länger je besser, jedoch 
mit Unterschied hinsichtlich der Sorte Leder, welche werden soll. Wird der 
Verbindung nicht Zeit genug gelassen und für reichliche Gerbsäure durch 
Erneuerung der Lohe gesorgt, so ist das Ergebnis ein geringes Leder, das 
selbe kann durch geschickte und sorgfältige Bearbeitung ein schönes Aussehen 
erhalten, aber der Käufer ist im Nachtheil. 
Eigenthümlich, aber thatsächlich ist es, daß die Gerbsäure von Gall 
äpfeln auf die Thierhaut nicht gerbend wirkt. Es ist dies wohl dahin zu 
erklären, daß die Galläpfelgerbsäure aus den Experimenten des sich darin 
ausbildenden Jnsects mit Bestandtheilen gesättigt ist, welche eine weitere 
Verbindung nicht zulassen. 
Für Arbeitsgeschirre ist das sogenannte Weiß- oder alaungare Leder 
unbedingt das beste und dauerhafteste. Der Vorgang beim Gerben ist ein 
anderer als bei dem lohgaren Leder. Eine Verbindung des Leimes mit 
dem Alaun findet nicht statt, sondern der Alaun durchdrängt einfach das 
Leder und erhält es dadurch; nach erfolgtem Trocknen wird dasselbe durch 
Recken und Dehnen weich und elastisch gemacht und durch Einschmieren 
weich erhalten. 
Gegen die Dauerhaftigkeit des Leders wird ganz nachdrücklich schon 
gesündigt, bevor die wirklichen Gerbearbeiten beginnen. Die Häute werden 
in den sogenannten Aescher gethan, in welchem sich Wasser mit einem 
ätzenden Stoffe zum Lockern der Haare befindet, am gebräuchlichsten hiezu 
ist Weißkalk. Die alten Sattler und Riemermeister setzten dem Wasser nur 
wenig Kalk zu und lieferten dadurch ein gutes Leder, nur mußten dieselben 
lange warten, ehe die Haare locker wurden, um sie abstreichen zu können. 
In der Neuzeit wird ziemlich viel Kalk in den Aescher gethan, dadurch 
wird erzielt, daß die Haare in einigen Tagen abgehen. Nun liegt aber der 
Fehler darin, daß der viel stärkere Kalk in feinster Zertheilnng sich in die 
Haarlöcher setzt, in das äußere Zellgewebe dringt und dadurch, daß der 
selbe aus dem Fell nicht wieder entfernt werden kann, macht er das Leder 
äpröde, brüchig, unhaltbar. Das alte Verfahren ist somit dem der Neuzeit 
vorzuziehen. Eine andere Sorte ist besser, aber nicht mehr käuflich zu haben. 
Bei dieser wurden die Haare durch sogenanntes Schwitzen entfernt. Dies
	        
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