Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1892 (1892)

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daß man dem Pferde das Trinkwasser gänzlich entzieht und es erst dann 
saufen läßt, wenn es sich anschirren läßt. 
Um den Pferden das Zerren und Reißen an ihrem Halfter 
abzugewöhnen, wendet man folgendes einfache Mittel an: Man nehme eine 
«etwa 2 (Zentimeter starke Leine von circa 7 Meter Länge, lege dieselbe 
mit ihrer Mitte schleifenförmig (ähnlich wie einen Schwanzriemen) um die 
Schwanzwurzel, führe die beiden auf der Croupe kreuzweis aufliegenden 
Enden der Leine auf beiden Seiten des Rumpfes durch je eine am Bauch 
gurt und Halfter angebrachte Oese und befestige sie am Stande des Pferdes 
im Stalle, beziehungsweise wenn das Thier im Freien angehalftert werden 
soll, an einem Pfosten oder Baum. Versucht das Pferd nun an der Leine 
zu zerren, so wird es einen empfindlichen Schmerz an seiner Schwanzwurzel 
spüren und sehr bald die leidige Gewohnheit aufgeben. Meist ist bereits 
in wenigen Tagen ein Erfolg zu verzeichnen. 
Ist ein Pferd anhaltend störrisch und widerspenstig, so heilt man 
es vielfach auf folgende Weise: Man stellt es im Stalle mit dem Hinter- 
theile der Krippe zu, nachdem in diese zuvor Futter geschüttet und Heu 
auf die Raufe gesteckt worden ist. So läßt man es längere Zeit, bis zu 
2 Tagen, stehen, ohne daß es fressen oder sich niederlegen darf. Es muß 
stets jemand dabei sein, der es sofort wieder auftreibt, sobald es Miene 
zum Ausruhen macht. Wird ein so behandeltes Pferd nach 48 Stunden 
herausgeführt, so zittert es am ganzen Leibe und ist lammfromm. 
Viele Pferde schlagen beständig oder doch sehr oft mit dem 
Schweif um sich und beschmutzen dadurch Reiter und Kutscher bei nasser 
Witterung in der unangenehmsten Weise. Solchen Pferden schneidet man 
neuerdings die Schweifhaare ganz kurz, jedoch liegt darin eine arge Thier 
quälerei, denn das Pferd kann sich dann der Mücken und Bremsen nicht 
mehr erwehren und wird durch dieselben in empfindlicher Weise belästigt. 
'Dem unnöthigen, nervösen Schweifwedeln kann in folgender Weise 
abgeholfen werden: Die Pferde werden mit Kopfgestell und Kummet 
beschirrt. Ueber einen 10 — 15 Centimeter langen Holzpflock werden die 
Schweifhaare gewickelt und dann mit Bindfaden festgebunden. Von diesem 
Pflock aus wird nun ein Strick bis an das Kopfgestell geführt und dort 
am Trensenring festgebunden, so daß der Schweif nach oben über den Rücken 
gezogen wird. In dieser Position bleiben die Pferde etwa 10 Stunden 
stehen, worauf der Schweif losgemacht wird. Wenn die Pferde immer 
noch Neigung zeigen, mit dem Schwanz um sich zu schlagen, so wird der 
selbe nochmals 10 Stunden aufgebunden. Nach dem zweiten Aufbinden soll 
die Unart vollkommen beseitigt sein. 
Pferde, welche an Hautjucken leiden und sich durch Reiben an den 
Stünden und Wänden Körpertheile und den Schweif wundscheuern, 
schützt man, indem man an den Stellen, wo sie gegen die Wand sich 
legend reiben, eine Lederplatte befestigt, durch welche Nägel geschlagen sind, 
deren Spitzen aber etwas abgestumpft sein müssen. Haben sie einmal sich 
dagegen gelegt, so versuchen sie es das zweitemal nicht wieder. 
Ein störriges Pferd, das nicht anziehen will, kann oft in 
Gang gebracht werden, wenn man ihm einen Brocken Erde ins Maul steckt.
	        
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