Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1891 (1891)

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Derumhrloste Obstbäume. 
Ja, wer mit Erfolg Obstbau treiben will, der muß freigebig in feine 
Tasche greifen, denn es gibt eine Freigebigkeit, welche bereichert, und eine 
Sparsamkeit, welche ruinirt. 
Wer sparsam ist im Ankäufe von Obstbäumen, wer aus Sparsannkeit 
die Baumlöcher nicht weit und tief genug machen läßt, wer es an Baum 
pfählen, an der nöthigen Düngung, an der Baumpflege fehlen läßt, der 
sollte sich lieber der Obstbaumzncht enthalten. Häufig kann man noch 
Bäume sehen, die sich noch in einem ganz verwahrlosten Zustande befinden. 
Krumm und halb zur Erde geneigt sind sie mit Moosen und Flechten be 
deckt und in den Kronen befinden sich zahllose Misteln, die alle an dem 
Baume schmarotzen und ihn aussaugen. Wenn man derartige Bäume sieht, 
die auch noch gleichzeitig womöglich Hungersnoth zu leiden haben, die kaum 
imstande sind, sich selbst zu ernähren, geschweige denn Früchte zu tragen, so 
kann man da von einem rationellen Obstbau nicht sprechen. Trägt aber 
merkwürdigerweise ein solch verwahrloster Baum, so geht es ihm häufig 
erst recht schleckt. Dann kommt man mit Haken und Stangen, sticht ihn, 
schlügt ihn, schüttelt ihn, bis nicht allein sämmtliche Früchte unten sind, 
sondern auch zahllose Blätter und Knospen den Boden bedecken, wodurch 
zugleich die nächstjährigen Obsternten vernichtet wurden. Armer Obstbaum, 
auch du mußt häufig erfahren, daß Undank der Welt Lohn ist! 
Die zehn Hauptregcln des Obstbaues?) 
Damit sich unsere verehrten Leser die wesentlichsten Lehren und Ge 
sichtspunkte, welche bei der Pflanzung und Pflege der hoch- und halbhoch 
stämmigen Obstbäume in Betracht kommen, immer ins Gedächtnis zurück 
rufen können, haben wir versucht, dieselben in zehn Hauptregeln zusammen 
zufassen. 
Sie werden es dem Einzelnen gestatten, sich solche leicht einzuprägen, 
und dürften sich auch dazu eignen, auf Kosten von landwirtschaftlichen und 
Obstbauvereinen in Placatform gedruckt an die Mitglieder vertheilt und an 
öffentlichen Orten aufgehängt zu werden. 
L Willst du Obstbäume pflanzen oder ein Baumgut anlegen, so 
wähle dazu den passendsten Boden aus, welcher dir zur Verfügung steht, 
denn der beste Boden ist für den Obstbaum gerade gut genug. Nassen 
Boden entwässere durch Drainiren, aus steinigem entferne die größeren 
Steine, und suche jeden Boden durch eine geeignete Bearbeitung und Dünger 
soviel als möglich zu verbessern. 
Wähle für Klima, Boden und Lage geeignete Sorten, welche in 
deiner Gegend erfahrungsgemäß gedeihen, und beschränke dich auf einige 
aber erprobte Sorten. — Aepfel und Birnen sind immer am einträglichsten, 
dann folgen Pflaumen und Kirschen. 
•) Aus Gauchers „Prakt. Obstbaumznchter" entnommen.
	        
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