Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1883 (1883)

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Heutzutage ist der Landbau ebenso wie ein jedes Gewerbe gezwungen, 
im Kampfe mit der mächtigen Konkurrenz um seine Existenz zu ringen. Den 
Korn- und Viehpreis diktirt der auswärtige Markt, auf welchem der massen 
hafte Ueberfluß überreicher Produktionsgebiete preisdrückend herrscht, und uns 
kostet überdies der Wirthschaftsbetrieb von Jahr zu Jahr mehr als vormals, 
weil auch der arbeitende Mensch heute mehr als vormals braucht, und endlich 
muß auch der sparsamste Hauswirth und seine Familie in der Neuzeit so 
manchem Bedürfnisse nachgeben, das er vormals nicht kannte. So bleibt 
dem Landwirth in solchem Kampfe nur ein Mittel zur wirksamen Wehr, „er 
muß mehr und Besseres erzeugen, und gegenüber dem höheren Wirthschafts 
und Haushaltsaufwande eine höhere Produktion in die Wagschale werfen", 
und wo dies nicht genügt, oder seine Kraft nicht reicht, dort muß der 
Spar Hans helfen. 
Sachkenntniß steigert den Wirthschaftsertrag, Fleiß und rege Sorgfalt 
erhöht den Lohn und schützt vor Schaden, doch auch der reinste Erwerb 
zerstäubt wie Spreu im Winde, wenn Ordnung und Sparsinn im Hause 
fehlen; das lehren unzählige Beispiele aus allen Zeiten und Volksschichten, 
das lehret ganz besonders die trübe Gegenwart mit ihrem traurigen Merk 
male „Bauernschulden" ! 
Es dürfte darum zeitgemäß und gewiß von Nutzen sein, aus der 
Fundgrube der alten Haushaltslehre die vornehmsten zehn Wirthschaftsgebote 
hier getreu wieder zu geben, denn jene Lehre der Alten, schlicht, kurz und 
bündig, ist ebenso weise als gemeinverständlich, und lautet im echten Bauern- 
deutsch, wie folgt: 
Des Landmanns Hausschatz. 
1. Leg' Deinen Fleiß zwischen Sonn'schein und Regen, 
So Du willst ernten reichen Gottessegen. 
2. Führe den Pflug mit Verstand, 
Rühre emsig Deine Hand, und fruchtbar wird Dein Land! 
3. Was Dir zu Nichts mehr nütze ist, 
Das sammle emsig und mache Mist, 
Laß nichts verlor'n geh'n vom Stall, vom Hof und Haus, 
Die Erde, Du wirst seh'n, macht lauter Brot daraus! 
4. Willst Du viel Korn schneiden, merke auf den Rath: 
Auf fetten Polster bette schwere Saat! 
5. So Du dem Acker die Pflege thust neiden, 
Magst Du zur Erntezeit Disteln schneiden; 
Laßt Du Dein Wieswachs.im Wasser ersaufen, 
Magst zu Lichtmeß Du Kühfutter kaufen. 
6. Dein Vieh betreu', wie Dein eigen Kind, 
Ein verkümmert' Kalb wird stets nur halbes Rind!
	        
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