Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1883 (1883)

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Des Fandmanns Hansschah 
oder 
Die Wirtyschafls- und Kaushaktsregelu der Akten.^) 
In der Gegenwart begegnen wir in der Öffentlichkeit häufig dem 
Vorwurf: „Der Bauer hängt zu sehr am Altgewohnten, und schreitet nicht 
mit der Zeit vor." Ein solches Urtheil wird gewöhnlich summarisch gefällt, 
und Wenige von Allen, die Solches dem Bauernstande nachreden, haben 
gründlich geprüft und erwogen, ob denn von dem Alten heute absolut Alles 
verwerflich, und von dem Neuen unbedingt und überall Alles gut 
und nachahmenswerth ist, und ob der verständige Bauer, wohlvertraut mit 
der Scholle, die er bebaut, und mit dem Klima, in dem er Hausen muß, 
nicht klug handelt, wenn er (meist zu arm, um kostspielige Wirthschaftsumge 
staltungen versuchen zu können) das erprobte Gute und altgewohnte Sichere, 
dem unsicheren unerprobten Besseren vorzieht, nach seinem altbewährten guten 
Sprichwort: „Besser der Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dache". 
Allein ein sehr großer Unterschied ist es allerdings, ob das Gewohnte 
auch wirklich gut ist, überhaupt jemals gut war, oder aber ob es nur ein ange 
wöhnter Schlendrian ist, welcher schon zur Zeit unserer Altvordern als 
schlechte Wirthschaft galt, und zu jeder Zeit die Noth im Bauern 
hause erzeugte, heute aber den mit weit höheren Hauslasten beladenen Bauer 
unfehlbar zu Grunde richten muß, weil ja heutzutage zumeist selbst der gute 
Wirth nur mit knapper Noth sich und die Seinen redlich fortzubringen und 
sein Anwesen schuldenfrei zu erhalten vermag. 
Wer demnach in den gegenwärtigen, für den Landwirth vielfach sehr 
erschwerten Zeitverhältnissen den Feldbau, die Wiesenpflege und Viehzucht nur 
halb und halb mit leichtem Sinne, jedenfalls nicht so emsig und gründlich, 
wie er kann und soll, bloß darum fortbetreiben will, „weil der Vater 
und Großvater es eben auch so trieb", den wird freilich sein zähes Festhalten 
am Altgewohnten gar bald zum Bettler machen, denn durch Halbheit am 
Felde und im Viehstall ist auch vormals nie der Bauer reich geworden. 
Ueber den ersprießlichen Wirthschaftsbetrieb galten unter den alten 
Ackerbauern schon vor 100 Jahren sehr bestimmte weise Regeln, welche auch 
heute noch, so viel auch von hochwichtigen Geheimnissen gelehrte Landwirthe 
der Mutternatur abgelauscht haben, hoher Werthschätzung werth sind, und werth 
voll bleiben, so lange es Ackerbauer geben wird, denn sie lehren den Land 
wirth die immer siegreiche, dreifache Bauerntugend: „Sachkenntniß, Fleiß 
und Sparsamkeit!" 
Auf dieses felsenfeste, nie wankende Fundament bauten die Alten das 
Gebäude der Bauernwohlfahrt. Wohl dem Hause, das heute noch auf solchem 
Grunde steht! Es trotzt den Stürmen der Zeitenwende, und wird aufrecht 
stehen, wenn es auch ringsum Trümmer gibt verfallener Existenzen, die auf 
Sand gebaut waren. 
*j Aus der zum Drucke vorbereitenden, den Bauern Oesterreichs gewidmeten 
Schrift des Verfassers.
	        
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