Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1880 (1880)

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ist dies wahr; bei einigem Nachdenken werden sich die Meisten sagen müssen, 
„wir sind selbst schuld, daß wir nichts vom Geflügel haben". 
Wie kann ein Thier gedeihen, welches man von Alters her als Stiefkind, 
als nur geduldet betrachtet. Von Jugend auf kärglich ernährt, die besseren 
Stücke wandern am Markt, um einige Groschen zu erlösen, das Schlechteste, 
Unverwendbare bleibt zur Fortzucht erhalten, während alles Bessere gebraten 
oder gebacken verzehrt wird. Die elendesten Räumlichkeiten, ohne Schutz vor 
Wetter und Kälte sind den armseligen Thieren zugewiesen, oftmals starrend 
vor Schmutz und Ungeziefer, denn nie verirrt sich eine sorgende Hand in die 
mißachteten Geflügelstallungen. Es ist ein wahres Wunder, wenn trotzdem 
noch so viel Geflügel in den einzelnen Höfen sein kümmerliches Dasein 
fristet, falls nicht eben eine auftretende Krankheit oder Seuche die Reste 
plötzlich hinwegrafft. 
Der Weg wäre nicht so schwer, sich aus dem Geflügel eine reichliche 
Quelle der Einnahme zu bilden, und im Nachfolgenden mögen in großen 
Strichen die Mittel angegeben werden, die Jedem zu Gebote stehen, um das 
vorgesteckte Ziel zu erreichen. 
Eine Hauptbedingung sind vor allen gesunde, wohl verwahrte Räume, 
in welchen das Geflügel der Nachtruhe pflegen, oder die strenge Winterkälte 
überdauern kann. Jede einzelne Gattung stellt ihre eigenen Ansprüche; für 
die Hühner sind andere Räume erforderlich als für die Tauben, für die 
Gänse wieder andere Stallungen als für die Enten oder Truthühner. Als 
gemeinsames Merkmal aber sei hier betont, daß jeder Stallraum licht, luftig, 
wohl verwahrt gegen die Angriffe der zahlreichen Feinde des Geflügels, und 
stets höchst reinlich gehalten werden muß, wenn er den berechtigten Anforderungen 
genügen soll. Gelingt es auch, Geflügel im engbegrenzten Raume zu halten, 
so ist als dringendes zweites Erforderniß nöthigt demselben ausreichenden 
Raum zum Auslaufen und Bewegen zu gewähren, damit es sich entwickeln 
oder einen Theil der Nahrung selbst suchen kann; insbesondere bei den Enten 
ist dies nöthig, welche dringend zum Wasser, verlangen, um dort ihren 
Naturtrieb befriedigen zu können; auch die Hühner verlangen hinaus, um sich 
die Beikost zu suchen, welche ihnen die Würmer und Käfer liefern, wodurch 
ein großer Theil der Futterkosten erspart wird. 
Das Hauptgewicht liegt jedoch in der richtigen, ausreichenden Ernährung, 
hauptsächlich in der Jugend; nur allein hiedurch ist es möglich, kräftige Thiere 
zu erzielen, die rasch entwickelt, günstige Verwerthung finden, oder durch 
reichliches Eierlegen die Erhaltungskosten hereinzubringen vermögen. Bei den 
übrigen Hausthreren hat sich bereits die Ueberzeugung Bahn gebrochen, daß 
in der Jugend mit dem Futter nicht gespart werden dürfe, wenn gute Thiere 
daraus resultiren sollen, der Landwirth weiß genau, wenn er den Kälbern in 
den ersten 6 Wochen ordentlich zu fressen gibt, er ganz andere Thiere im 
Stalle haben wird, als wie jener, der mit dem Futter spart, der mehr auf 
den Kreuzer, als auf den Gulden sieht. Nur beim Geflügel will dies selten 
Jemanden einleuchten, und doch haben Alle die jetzt so angestaunten Erfolge 
auf diesem Gebiete nur der richtigen Befolgung dieses Grundsatzes es zn 
danken. Die besonderen Schläge und Racen, die sich in einzelnen Ländern 
mit der Zeit entwickelt haben, müssen doch ihren Ursprung auf die gewöhnlichen
	        
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