Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1879 (1879)

Die Jauche ist reich an stickstoffhaltigen, die Pflanzen nährenden Be 
standtheilen, und dieser reichliche Gehalt bewirkt, daß sie rasch in Gährung 
übergeht, durch welchen Vorgang eben die Stickstoffverbindungen frei werden, 
deren segensreicher Einfluß auf das Wachsthum der Pflanzen bekannt ist. — 
In Anbetracht dieser Thatsachen ist es geradezu eine Verschwendung zu nennen, 
die Jauche unbenutzt abfließen zu lassen, weßhalb die Anlage einer Jauchen 
grube nebst einer geeigneten Pumpe, auf keiner Düngerstätte verabsäumt 
werden sollte. 
Als Material für die Pumpe wählt man am besten Eisen, was wohl 
für die Anschaffung einen höheren Betrag erfordert, diesen aber durch die 
größere Dauerhaftigkeit reichlich ersetzt und vielen Verdruß erspart. Die 
hölzernen Pumpen kommen allerdings bedeutend billiger im Preise zu stehen, 
aber das Hotz leidet in der Hitze des Sommers nur zu leicht und die Pumpe 
versagt den Dienst, wenn man derselben am dringendsten bedarf. 
Für bereits keimende Saaten darf die Jauche entweder nur in ver 
dünntem Zustande oder bei Regenwetter angewendet werden. 
Das Aufführen von Jauche ist einer mehr als halben Düngung gleich 
zu achten und überall dort anzuwenden, wo eine rasche Wirkung zu erzielen 
beabsichtigt ist, z. B. wenn nach einer frühzeitig geernteten Frucht, wie 
Futterroggen, Mischling rc. noch Mais oder ein anderes Grünfutter 
folgen soll. 
Von sehr großem Vortheile ist das Aufführen der Jauche im Herbste 
oder Frühjahre bei feuchtem Wetter oder auf die schneebedeckten Grundstücke, 
welche eine derartige Gabe von Nahrungsbestandtheilen durch erhöhte Erträge 
gewiß lohnen werden. 
Häufig werden die Wiesen als ein Kapital betrachtet, von dem man 
ungescheut wegnehmen darf, ohne befürchten zu müssen, dasselbe jemals zu 
erschöpfen. Gewiß aber wird jeder denkende Landwirth einsehen, daß der Wiese 
für die jährlich entnommenen Ernten, ein Ersatz geboten werden muß, um 
sie nicht allzu sehr zu schwächen, da infolge der dichten Grasnarbe die Ver 
witterung der Bodentheilchen wegen des geringen Zutrittes von Luft nur 
langsam vor sich gehen kann. Dasselbe gilt auch von Klee, insbesondere Luzerne, 
die oft zehn und mehr Jahre stehen bleibt. 
Daß alle in der Wirthschaft und im Haushalt sich ergebenden Abfälle 
wie Kehricht, Asche, Knochen, Straßenkoth rc. zur Düngererzeugung verwendet 
werden, ist selbstverständlich, doch darf man dieselben nicht zum Stallmist 
werfen, sondern muß einen besonderen Komposthaufen anlegen, diesen mit 
Jauche fleißig begießen und mehrmals umstechen. Der gewonnene Kompost 
gibt einen vorzüglichen Dünger für Wiesen und Gemüse. 
Nunmehr wären noch einige Worte über künstliche Düngemittel hinzu 
zufügen, bezüglich deren Nützlichkeit unter den Landwirthen meist noch ein 
ganz ungerechtfertigtes Vorurtheil herrscht. 
Es ist eine unleugbare Thatsache, daß gewisse Mineralbestandtheile, an 
denen der Boden Mangel leidet, die aber zum Gedeihen bestimmter Frucht 
arten unbedingt nothwendig sind, in die Ackerkrume gebracht werden müssen, 
was eben nur durch den sogenannten Kunstdünger möglich ist. Wem es daher 
seine Mittel erlauben, solche Dünger anzukaufen, die — richtig angewendet
	        
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