Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1879 (1879)

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So ganz paßt die Zeichnung freilich nicht. 
Erinnern wir uns, daß der Südwind nach Osten voraneilt, also weit 
am Minimum vorüber schießen würde, wenn ihn nicht dieses gewaltsam 
immer wieder an sich ziehen und endlich doch auch den Flüchtling einsangen 
würde, freilich erst im Nordosten oder gar erst im Norden, so werden wir 
leicht begreifen, daß die Windbahnen keine geraden Linien beschreiben. Der 
Wind aus Norden gelangt erst an der Südwestseite an das Minimum, die 
übrigen Winde passen sich entsprechend an. 
Hierüber werden wir ein andermal sprechen, ebenso über die Ursachen 
der Fortbewegung*) eines Minimums." 
Pfarrer. „Beiläufig wissen wir nun, auf welche Weise die telegrafischen 
Wetteransagen zu Stande kommen. Daß die Sache seinen guten Grund hat, 
leuchtet ein." 
Krämer. „Wie kann man aber eine Wetteransage in die Welt hinaus- 
telegrafiren, von der man gar nicht bestimmt behaupten kann, daß sie 
eintrifft. Es braucht nur so ein Minimum einen andern Weg einzuschlagen, 
als den vorausgesehenen, dann kommt nicht einmal der angesagte Wind." 
Lehrer. „Die Witterungsansage sagt ja nur das Wetter an, welches 
aus dem beobachteten Zustande des Luftmeeres wahrscheinlich ent 
springen wird. Dabei ist aber jede willkürliche Annahme ausge 
schlossen, und erweist sich eine oder die andere Ansage als nicht zutreffend, 
so kennen wir die Gründe. Ein vom Meere kommendes Minimum kann 
erst beachtet werden, wenn es in Irland die Barometer zum Fallen bringt; 
sein Fortschreiten kann ein schnelleres oder langsameres sein, uns daher den 
Regen früher oder später bringen; endlich kann es hie und da vorkommen, 
daß es den vorausgesehenen Weg nicht nimmt, sondern etwa nach Norden 
geht, und uns so anstatt langen Regens vielleicht nur schwache Trübung bringt. 
Es frägt sich nun, ob man dieser Mängel halber wirklich auf die großen Vortheile 
verzichten soll, welche die Landwirthschaft aus dieser Einrichtung ziehen kann." 
Pfarrer. „Vollkommen ist kein menschlich' Ding. 
Hätte man nicht anfangs mit einem Baumaste den Boden aufgerissen, 
so wäre man kaum zu unseren vortrefflichen Pflügen — von dem Dampf 
pflug will ich gar nicht reden — gekommen — und doch läßt selbst der 
beste Pflug noch Manches zu wünschen übrig." 
*) Die Winde auf der Rückseite desselben stammen aus Ost und Nord und 
füllen den Raum dort aus. Die Winde auf der Vorderseite sind die feuchten West- 
und Südwinde, die den Wassergehalt abgeben, wodurch Wärme frei wird, die eine vor 
dem Minimum gelegene Luftpartie ausdehnt und zum Minimum gestaltet. 
Leider kennt man noch kein Gesetz, nach welchem man die Richtung eines auf 
tretenden Minimums im Vorhinein bestimmen könnte, sondern muß sich hierin mit 
Wahrscheinlichkeiten begnügen. Schlägt das Minimum die vorausgesetzte Richtung 
nicht ein, so ist damit auch die Folgerung hinsichtlich der Windrichtung durchkreuzt. 
Auch die Schnelligkeit des Fortschreitend ist von Belang für die Ansage. Tritt 
ein Minimum in IAand auf, so kann es schon am nächsten Tage über der Nordsee 
sich befinden und uns Regenwetter bringen. 
Das am 11. August auftretende und in der Prognose durch Regenwahrscheinlichkeit 
signalisirte Minimum erreichte die Nordsee erst nach 2 Tagen, weshalb auch der Regen 
späterhin eintrifft. Wie sehr durch solche und andere Schwierigkeiten eine präcise 
Prognose erschwert wird, leuchtet von selbst ein.
	        
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