Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1872 (1872)

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zu. Auch das Produkt dieser Kreuzung erwies sich als vorzüglich, ja bald 
wollte man wissen, daß dasselbe dem der Reinzucht, die hier als Inzucht be 
trieben wurde, vorzuziehen sei. Als die Zeit der landwirthschaftlichen Aus 
stellungen beim Linzer Volksfeste herankam und rein gezüchtete Uorkshires, sowie 
Bastarde nach englischen Ebern, zur Anschauung Vieler gelangten, und als 
endlich der damals in Linz residirende Erzherzog Heinrich, ein Freund der 
Landwirthschaft und landwirthschaftlicher Beschäftigungen, sich selbst einige 
Stücke solcher „Engländer" anschaffte und in seinem Hause aufzog und pflegte, 
so daß sie im Alter von 5 Monaten 120 Pfund pr. Stück schwer waren, 
da nahm die Lust und Nachfrage nach Thieren dieser Race noch weiter zu. 
Allein der Gutsbesitzer, der bisher die Neinzucht dieser Schweine betrieben 
und durch Nachschaffung von frischen Ebern für Blut-Erneuerung gesorgt 
hatte, verkaufte sein Anwesen und folgte einem andern Berufe. Damit ver 
schwand die eigentliche rationelle Stammzüchtung aus der Gegend und die er 
wähnte Race löste sich theils auf in endlose Kreuzungsprodukte, oder ver 
kümmerte durch Inzucht. 
Was Inzucht ist, wissen wohl die meisten unserer Leser; mau versteht 
darunter die fortgesetzte Paarung blutsverwandter Thiere, z. B. des Vaters 
mit der Tochter, des Sohnes mit der Mutter, des Bruders mit der Schwe 
ster u. s. f. Bei weisern, sachverständigem Gebahren des Züchters, läßt sich 
damit in manchen Fällen viel in kurzer Zeit erreichen und im Besonderen 
bewirken, daß sich die guten Eigenschaften der Eltern , konstant d. h. dauernd, 
auf die Nachzucht vererben. 
In ungekehrtem Falle, d. h. wenn nicht mit voller Sachkenntniß vor 
gegangen wird, vererben sich auch die schlechten Eigenschaften und es tritt ein 
anderer übler Umstand ein: die Thiere werden unfruchtbar. Dies geschah denn 
auch hier, und so verminderte sich nicht nur das Vertrauen in die gute 
Eignung dieser Uorkshire - Schweine für hierortige Verhältnisse, sondern auch 
die Zahl derselben. 
Der damit der Landwirthschaft zugefügte Nachtheil wurde wohl hin und 
wieder seitens einzelner intelligenter Landwirthe durch Bezug englischer Schweine 
anderer Racen gemildert, im Ganzen jedoch trat ein unverkennbarer Rück 
schritt in Haltung und Züchtung dieser Thiere ein. 
Es war daher gewiß gerechfertigt, daß die oberösterreichische Landwirth 
schafts-Gesellschaft in diese Sache neues Leben brachte, indem sie, unterstützt 
durch eine Staatssubvention eine größere Anzahl Aorkshire- und Sufsolk- 
Schweine aus der berühmten Züchterei des Herrn v. Nathusius auf Hundis- 
burg bei Magdeburg bezog und im Wege der Versteigerung zu einem niedri 
geren als dem Kostenpreise abgab. 
Die Suffolk-Schweine erreichen zwar nicht die namhafte Größe der 
Uorkshires, allein sie zeichnen sich dadurch aus, daß sie härter, d. h. den 
Witterungs - Einflüssen weniger unterworfen wie jene sind. 
So wie die Jorksire- sind auch die Suffolk-Schweine meist weiß, da 
gegen stärker behaart, früher reif und fruchtbarer wie erstere. 
Mit 8 Monaten kann man sie recht gut zur Paarung benutzen und 
sie bringen dann gewöhnlich beim ersten Wurf 10—12 und mehr Junge zur 
Welt. Nur ihre große Anlage zur Fettleibigkeit macht manchmal bei jungen
	        
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