Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1872 (1872)

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Ich will nun übergehen zur Beantwortung der schon mehrmals an mich 
gestellten Frage: „Auf welche Weise kann das Wasser durch einen 
bindigen Thon- oder Lehmboden bis in die Tiefe von 4 Fuß 
eindringen." 
Diese Frage kann auf Grund praktischer Erfahrungen beantwortet wer 
den. Bei mehreren drainagirten Grundstücken, welche dadurch an Näße und 
stockender Feuchtigkeit gelitten haben, daß bei Regen - und Thauwetter das 
Wasser nicht in den Untergrund versickern konnte, stellte sich nach der Drai 
nage beim Eintritte heftiger Regengüsse nach ungefähr 6 bis 10 Stunden ein 
reicher Wasserabfluß ein. Dieser Zeitraum zwischen Regen und Anfang des 
Wasserabflusses wurde verhältnißmäßig immer kürzer, so daß später nach 4 
bis 5 Stunden die Röhren schon Wasser abführten. Ueberhaupt ist es für 
den Laien eine auffallende Erscheinung, daß ältere Drainagen das Wasser 
schneller aus den Grundstücken abführen, als solche, die erst kurze Zeit an 
gelegt sind. 
Die Thatsache nun, daß das Wasser bis zu einer Tiefe von 4' ein 
zudringen im Stande ist, läßt sich auf folgende Weise erklären: 
Wenn man den strengsten Thonboden den Einwirkungen der Luft aus 
setzt, so wird man sehr bald beobachten, daß derselbe Risse und Klüfte be 
kommt. Eine ganz gleiche Wirkung tritt durch die Drainage im Untergrund 
ein. Die athmosphärische Luft tritt durch die Drainleitung in den Untergrund 
und wird auf diese Weise die Bildung solcher Sprünge veranlassen. 
Je länger nun diese gegenseitige Verbindung des Untergrundes und der 
Luft dauert, desto mehr werden diese Risse und Klüfte zunehmen. Wenn auf 
diese Art der Zutritt der Luft von oben und unten gleichzeitig wirkt, so 
dürfte es ganz erklärlich sein, daß nach kurzer Zeit so viele Luftgänge im 
Boden gebildet sein werden, daß das Wasser ungehindert bis zu der erwähn 
ten Tiefe gelangen kann. 
Einen wesentlichen Beitrag, dem Wasser einen Weg zu den Röhren 
zu bahnen, liefern die auf drainirten Grundstücken wachsenden Pflanzen selbst. 
— Auf einem nassen Boden treiben die Pflanzen nur kurze Wurzeln, dagegen 
ist die Wurzelbildung auf einem wasserfreien und kräftigen Boden eine voll 
kommenere. Die Pflanze sucht sich auszubreiten und strebt ihre Wurzeln in die 
Tiefe zu treiben. Diese Wurzelrückstünde bilden nach ihrer Verwesung die 
Kanäle für das in den Untergrund versickernde Wasser. Hiemit glaube ich, 
das obenerwähnte Bedenken beseitigt zu haben. 
Eine andere Frage, die vielfach zur Erörterung Anlaß gibt, ist die: 
„Wird die Drainage in trockenen Jahren nicht einen 
Mangel an Bodenfeuchtigkeit hervorrufen? 
Durch die Drainage wird, wie bereits oben gezeigt wurde, der bindige 
und undurchlaffende Untergrund geeignet gemacht, das Uebermaß des Wassers 
aufzunehmen und abzugeben. Das Wasser dringt sonach in eine weit größere 
Tiefe ein und nur das Uebermaß des Wassers fließt durch die Röhrenleitung
	        
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