Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1871 (1871)

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Gestrüppe oder in Niederwäldern findet man hier oft auch die wilde schwarze 
Waldkirsche, welche für Veredlungen recht dauerhafte Unterlagen gibt. Von 
edlen Sorten werden hier kultivirt: La Reine (Ueins Kirsche) und Werder's 
frühe schwarze Hcrzkirsche, Prinzessin (bunte Herzkirsche), große schwarze 
Knorpelkirsche, Maikirsche, spanische Glaskirsche (Gundi), Ostheimer- und 
Spätweichsel. 
Das Haupthinderniß einer größeren Anpflanzung dürfte wohl das 
schwierige Pflücken sein, gerade zu einer Zeit, wo die Ernte-Arbeiten auf 
Wiesen und Feldern alle Arbeitskräfte in Anspruch nehmen; ferners anch 
die Unsicherheit vor den Angriffen der Menschen und Vögel. Deßungeachtet 
möchte ich eine allgemeinere Anpflanzung nnd Verbreitung besonders der 
nachstehenden vorzüglichen Sorten dringend empfehlen. 
Von Herzkirschen: Downton’s bunte, Kronprinz von Hannover bunte, 
Schöne vom Ohio, Winkler's bunte, Fromm's schwarze. 
Von Knorpelkirschen: Gubener - Bernstein bunte, Lauermann's bunte, 
Marmor bunte, Hedelfinger Riesenkirschc schwarze. 
Von Süßwcichseln, besonders Pragische Muskateller, rothe Maikirsche. 
Von Glaskirshen: Königin Hortensia, Schöne von Orleans, Her 
zogin von Paluau. 
Von Weichseln: Die Frauendorfer und Kirsche von der Ratte. 
Die Kirschen werden hier fast durchgehend frisch gepflückt zu Markte 
gebracht und mit 3 bis 4 fl. der Metzen bezahlt. Das Dörren kommt hier 
nur vor in guten Jahren, eben so werden die Kirschen zum Branntwein 
brennen nur dann verwendet, wenn zu niedrige Preise oder anch ungünstiges 
Wetter das Pflücken nicht lohnen. Von Kirschengeist wird der Eimer vor 
zügliche Waare mit 50 fl. bezahlt. 
Das Dörren des Steinobstes überhaupt erfordert etwas mehr Auf 
merksamkeit als das des Kernobstes und ist hierbei anfangs große Hitze 
sorgfältig zu vermeiden. Die Kirschen und auch die Zwetschken kann man 
leicht entsteinen: sobald die Früchte etwas eingetroknet und sodann welk 
runzlich werden, drückt man den Stein ganz gut heraus; die Früchte werden 
sodann etwas zugedrückt und vollkommen gedörrt. 
Von den Kirschen eignen sich hierzu am besten die bunten Knorpel 
kirschen, besonders die Marmorkirsche, Gubener - Bernsteinkirsche, Downton 
und auch Winkler's bunte Herzkirsche. Die auf solche Art entsteinten und 
gut gedörrteu Kirschen haben ganz das Ansehen von Roßinen (Cibebcn) und 
werden auf dieselbe Weise verwendet, und übertreffen die Cibeben an Saft 
und Wohlgeschmack und halten viele Jahre. Ich habe solche Früchte vor 3 
Jahren in Reutlingen ausgestellt, welche allgemeinen Beisall fanden, und 
im Berichte von Dr. Lncas ehrenvoll erwähnt wurden. 
In obstreichen Jahren lassen sich die schwarzen Kirschen eben so wie 
die Zwetschken durch Mußbereitung gut verwerthen. 
Die entstielten Kirschen werden in einem Kessel mit etwas Wasser 
weich gekocht lind sodann durch ein Sieb getrieben; hierauf wird dieser Brei 
unter fortwährendem Umrühren so lauge eingekocht, bis er fest, gleichsam 
trocken wird. Dieses Muß wird noch warm in steinerne Töpfe gefüllt, die 
Oberfläche geglättet, hierauf im warmen Dörr- oder Backofen abgetrocknet
	        
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