Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1900 (1900)

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Kalbes darunter leiden würde. Die reine Muttermilch aber länger als 
vier Wochen zu verabreichen, müßte man als unwirtschaftlich bezeichnen 
und wäre hierin nur eine Ausnahme bei der Aufzucht von Stierkälbern 
gestattet, welche man noch zwei weitere Wochen mit der reinen Mutter- 1 
milch tränken dürfte. Nebenbei wird dem jungen Kalbe Hafer und 
gutes feines Heu zur beliebigen Aufnahme vorgelegt, die es spielend 
fressen lernt. 
Dann wird allmählich die reine Muttermilch durch süße Mager 
milch ersetzt, da diese aber arm an Fettsubstanz, so ergänzt man das 
fehlende Fett durch Beifütterung von gestoßenem Leinsamen, später durch 
Lein und Hafermehl. Die Tränke, die nun nur noch aus Magermilch, 
Lein und Hafermehlsuppe besteht, reicht man bis zum Alter von drei 
Monaten im lauwarmen Zustande, und nur in der wärmeren Jahreszeit 
gehe man zu einer kühleren Tränke über; auch gibt man nun die Kraft 
futtermittel mehr und mehr im trockenen Zustande und soll sich im vierten 
Monat das Nährstoffverhältnis in den Futtermitteln wie 1:4-7 stellen. 
Als Kraftfuttermittel kommen Hafer, Bohnen, Wicken, getrocknete Trebern, 
Malzkeime und Leinsamenmehl in Betracht. Mit vorschreitendem Alter 
wäre der Protein- und Fettgehalt im Futter zu reducieren, so daß die 
Tränke ganz, das Leinsamenmehl zur Hälfte, neben entsprechender Ver 
mehrung des Heues in Wegfall kommen; so fährt man fort, bis sich im 
zwölften Monate das Nährstoffverhältnis wie 1:7 stellt. 
Das Ziel bei der Kälberaufzucht zur Zucht und Milchproduction 
muß sein, in entsprechend kurzer Zeit ein möglichst ausgebildetes Thier 
herzustellen, daher die Fütterung im ersten Lebensjahr eine reichliche, jedoch 
keine mastige sein darf, im zweiten Lebensjahre jedoch muß eine zu reich 
liche Fütterung vermieden werden, da sonst die Thiere den Zweck, den 
man mit der Aufzucht verfolgt, nicht erreichen würden. Eine zu kärgliche 
Fütterung im ersten Lebensjahre vertheuert nicht nur die Aufzucht, son 
dern Körperformen, Bauart werden Mängel zeigen, die Entwicklung zurück 
bleiben und die spätere Leistungsfähigkeit eine geringere werden. 
Ferner ist es nothwendig, den Kälbern sowohl als dem Jungvieh, 
besonders in Gegenden, die eines kalkreichen Futters ermangeln, täglich 
10—15 Gramm basisch phosphorsauren Kalk als Beigabe zu der Futter 
ration zu verabfolgen, es wird dadurch ein rascheres Knochenwachsthum 
unterstützt und Stärkung der Knochen erzielt. Eine zweite unerläßliche 
Bedingung einer gedeihlichen Aufzucht ist, den Thieren die Gelegenheit zu 
einer ausgiebigen freien Bewegung zu geben, daher ein großer Heller 
Stallraum, in dem die jungen Thiere sich frei bewegen können und nur 
zur Zeit der Fütterung angebunden werden; aber diese freie Bewegung 
im Stalle genügt noch nicht, es muß auch für einen größeren freien 
Auslaufplatz vorgesorgt werden, woselbst bei gutem Wetter, wenn auch den 
ganzen Tag über, sich die Thiere tummeln können; allerdings müssen die 
inännlichen Thiere von den weiblichen getrennt werden. Bei dieser freieren 
Bewegung können sie auch ein größeres Athmungsbedürfnis befriedigen, 
wodurch wiederum dem Wachsthum und der Stärkung der Lungen Vor 
schub geleistet und der Stoffwechsel, das ist der Umsatz von Nahrung in
	        
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