Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1900 (1900)

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acte ist nur dann nöthig, wenn etwas nicht in Ordnung ist; darüber 
kommst du bei sorgfältiger Beobachtung des gebärenden Thieres bald ins 
Klare. Wenn du so vorgehst, bleiben dir Mutterthier und Junges ge 
sund; du wirst namentlich beobachten können, daß die Nachgeburt aus 
nahmslos abgeht, was sonst so oft nicht zutrifft, und daß das junge Thier, 
weil es beim Geburtsacte nicht geplagt wird, lebensfähig und munter ist. 
2. Sorge dafür, daß beim Geburtsacte die Nabelschnur 
nicht plötzlich abgerissen wird; ziehe, wenn das Junge bis zu seinem 
Beckentheile aus den Geburtswegen des Mutterthieres ausgetreten ist, die 
Nabelschnur sachte an und schneide sie etwa 20 cm vom Nabel entfernt 
durch. Denke daran, daß die hauptsächlichsten Krankheiten des jungen Thieres, 
namentlich die Kälberlähme, das sogenannte gelbe Wasser, immer zurück 
zuführen sind auf Nabelentzündungen, die oft äußerlich gar nicht nach 
gewiesen werden können und die entstehen durch Zerrungen der Nabelschnur 
und Verunreinigung der Nabelwunde. 
3. Du darfst nicht glauben, die kleinste, dunkelste und un 
reinlichste Ecke des Stalles sei gut genug zur Unterbringung 
des frisch geworfenen Kalbes; mache ihm ein reines Strohlager, 
damit es sich die Nabelwunde nicht beschmutzt; erneuere dieses Lager häufig, 
damit dein Pflegling ein sauberes Bett hat; sei noch einmal daran erinnert, 
daß Verunreinigung des Nabels die hauptsächlichste Ursache ist, welche dein 
junges Thier krank macht. 
4. Binde das Kalb nicht an, sondern mache mit ein paar Brettern 
einen Verschlag in einer Stallecke, damit sich das junge Thierchen frei 
bewegen kann. 
5. Gib dem Saugkalb nicht zu viel von der ersten Milch 
des Mutterthieres; gib ihm diese Milch häufig in kurzen Zwischen 
räumen und zwar so, daß es immer noch mehr möchte. Es ist falsch, 
wenn du glaubst, deinem Pflegling etwas Gutes zu thun, indem du ihn 
satt tränken lässest, daß er einen Bauch bekommt wie eine Trommel und 
seine noch schlaffen und unentwickelten Verdauungsorgane die rasch gerinnende 
Milch nicht zu verdauen und zu bewältigen vermögen. 
6. Gib dem jungen Thiere Gelegenheit, sich während der Saugzeit 
nach und nach an das Rauhfutter zu gewöhnen, indem du ihm 
nur auserlesen gutes Heu vorlegst. Gestalte den Uebergang von der reinen 
Milch- zur Rauhfutternahrung zu einem allmählichen. Spare nicht zu viel 
an der Milch, indem du zu frühe mit der Verabreichung ganz abbrichst; 
das junge, stark wachsende Thier bedarf dieses Nahrungsmittels besonders 
zur richtigen Ausbildung seines Knochengerüstes. 
7. Sorge dafür, daß dein Stall Lust hat. Schließe die Bar 
luken nicht; mache die Fenster auf und bringe Luftlöcher an, soviel als 
möglich. Glaube, daß es deinen Thieren dann an ihrem ständigen Auf 
enthaltsorte am wohlsten ist, wenn du selbst bei längerem Aufenthalte im 
Stallraume dich behaglich fühlst. Fürchte dich nicht zusehr vor dem Durch 
zug; der wird von nicht verweichlichten Thieren besser ertragen als du 
glaubst. Uebrigens kannst du die erwähnten Ventilations-Vorrichtungen in 
jedem Stalle anbringen, ohne daß in der Folge Zug entsteht. Hohe
	        
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