Volltext: Alpenländische Musiker-Zeitung Folge 5/6 1935 (Folge 5/6 / 1935)

„Alpenländische Musikee-Zeitung“ 
selbstverständlich, daß in dessen jüngstem Sohne das 
nusikalische Talent ins Blut überging. Schulrat Prof. 
Karl Pfleger, bedeutender Musikpädagoge und Kom— 
ponist vieler Männerchöre und Kindergartenlieder, und 
der bekannte Lokalhistoöriker Ferdinand Pfleger sind 
seine Brüder. Der Schule entwachsen, absolvierte er 
unter Professor Direktor Josef Helmesberger sen. und 
Johann Nepomuk Fuchs das Wiener Konservatorium, 
wo die Prosessoren Maxinsak, Grün, Grädener, Vobert 
Fuchs, Franz Schalk, Ferdinand Löwe, seine Lehrer 
waren. 
Während seiner Studienzeit substituierte er, unter 
Hans Richter im Hosopernorchester, 1896 rückte er zu 
den Deutschmeistern zur Musik ein (Kapellkmeister W. 
Wacek), wo er drei Jahre diente. Nach seiner Militär— 
zeit kam er unter Direktor Jaunes ans Carl-Theater, 
nach dem tragischen Ende desselben ins Konzertvereins— 
orchester, Dirigenten: Ferdinand Löwe, Karl Slix, Adolf 
Müller sen, und im Sommer zur Kurkapelle nach 
Baden zu Kapellmeister Karl Komzak. 
Bei Gründung der Wiener Volksoper trat Pfleger 
in dieses Institut, wo er volle 30 Jahre verblieb. Zwei 
Jahrzehnte stand Pfleger in der österreichischen Mu— 
sikerbewegung und nur seinem organisatorischen Ta— 
lente verdanken die Wie ner Musiker die Grün— 
dung und Errichtung einer lokalen Stellenvermittlung 
in ihrer Form. 
Vor mehr als 30 Jahren gründete er sein eigenes 
Streich- und Blasorchester, das rasch zu sol— 
her Popularität gelangte, daß es in Wien kein Konzert, 
Ball-Lokal gibt, in dem das Pflegersche Orchester nich 
schon tätig gewesen wäre. Im Konzerthaus Lilienthal, 
Weiß, Stalehner, Gschwandtner, Wimberger und über— 
ill erfreuen sich seine Konzert- und Ballabende eines 
lebhaften Zuspruchs. Auch in den Land- und Städte— 
Hegenden Oesterreichs kennt man den Namen Pfleger. 
In München konnte sich Pfleger wahre Triumphe holen 
mit seiner Blasmusik. Auf dem Gebiete der Blasmusik 
gilt Eduard Pfleger als Autorität und seine Musiker— 
schar als eines der besten Blas-Marsch- und Konzert— 
Orchester. Auch als Komponist ist er wiederholt her— 
vorgetreten, doch in seiner vielseitigen Inanspruchnahme 
beschränkt sich seine Opuszahl nur in bescheidenen 
Nummern. — 
Bei des großen Bürgermeisters Dr. Karl Luegers 
Begräbnis leitete er von der Loggia des Wiener Rat— 
hausturmes mit 20 Musikern die Trauermusik.“ 
Vor zwei Jahren wurden ihm anläßlich des Katho— 
likentages sämtliche musikalische Agenden übertragen, 
im heurigen Fasching wurde er mit seiner Kapelle zum 
Ball der Stadt Wien berufen, dabei stellt Pfleger seine 
Kunst in den Dienst der Wohltätigkeit, unter seiner 
Führung scharen sich seine Musiker, wenn es gilt, zu 
Weihnachten einen Weihnachtsabend im Allgemeinen 
Krankenhaus, für die Pfleglinge in Lainz ein Stünd— 
chen zu bringen, den ärmsten der Armen beim Weih— 
nachtsbaum ein Weihnachtslied zu spielen und bei 
oielen Grabesfeierlichkeiten tritt man nur an das gol— 
dene Herz des Herrn Kapellmeisters Eduard Pfleger 
heran, solche Feiern mit seinem Bläserchor in uneigen— 
nütziger Weise zu verschönern. 
Pflegers Verdienst ist es, die Wiedererweckung des 
alten schönen Brauches, von den Türmen der Kirchen 
Wiens und in ganz Oesterreich in der Christnacht 
dem Volke Weihnachtslieder von der Mette zu Gehör 
zu bringen. 
Alle Erinnerungsfeiern sind meist auf Anregung 
Pflegers zurückzuführen. Die Einführung des Ziehrer— 
donzertes am Sterbetag, die Erinnerungsfeiern für 
zohann Strauß Vater und Sohn, Josef Lanner, die Ex— 
umierung der Frau des Meisters Josef Strauß, Karo— 
ine Strauß von Hainfeld nach Wien, anläßlich des 
0. Todestages Josef Strauß, die Uebernahme der 
rüher Johann Strauß sowie des Johann Fürst-Platz, 
Prater, Hans Schrammel, Alfons Czibulka in die Ob— 
zut der Gemeinde Wien, Philipp Fahrbach, Professor 
ẽduard Vabensteiner der Vergessenheit zu entreißen und 
)essen Grab im Watzeinsdorfer evang. Friedhof vor 
dem Verfalle zu schützen, ist dessen ureigenes Werk 
ind in diesem Wirken und Schaffen ist Eduard Pfle— 
gser, der nimmermüde, 60 Jahre geworden, ohne daß 
r's merkte. 9 J 
Es ist ein eigener Zufall, daß er im Juni, wo er 
ein Geburtsmonat hat, in das Radio sein 50. RVadio— 
donzert dirigiert. 4 
Anläßlich seines Jubeltages fanden besondere Ova— 
onen statt. Aber die eigentliche Jubelfeier, veranstal— 
et von der Gesellschaft zur Förderung der Wiener 
Volkskunst im Vereine mit allen Alt-Wiener Gesang— 
ind Trachtenvereinen, findet im Herbst am 19. Oktober 
m C. MW. Ziehrer-Saal des Etablissements Stalehner 
eine große Festfeier mit hervorragenden Kunstkräften 
statt. 
Zum 30. Todestag des Komponisten und Kapellmeisters 
Karl Kraftt 
geb. am 20. August 1852, gestorben am 24. Juli 1904. 
WBRuhestätte: Zentralfriedhof 30 c—15 15.— 
Ein Lebensbild von Kapellmeister Eduard Pfleger.) 
Am 231u.. Juli 1904 starb der Leinst so bekannte 
domponist und Kapellmeister in den besten Mannes— 
ahren an den Folgen eines Fliegenstiches. Als Sohn 
ines Schildermalers am 20. August 1852 in Waria— 
silf geboren, zeigte der kleine Harl schon als Kind ein 
esonderes Talent für Musik. Sein Vater ließ ihn in 
Lioline unterrichten und nach dem er aus der Schule 
iusgetreten war, absolvierte er das Conservatorium 
inter Hellmesberger, Bruckner und Häusler mit Aus— 
eichnung, war dann vier Jahre Mitglied des Hof— 
pernorchesters und der Hofkapelle, dann machte er als 
Liolinvirtuose Reisen nach England und Frankreich 
ind erntete überall glänzende Erfolge. 1879 kehrte er 
iach Wien zurück und gründete daselbst seine eigene 
dapelle, wo er vorerst neben Eduard Strauß in allen 
esseren Saallokalitäten, im Blumen- und Sofiensaal, 
eim Schwender, beim „Auge Gottes“, beim „wilden 
Nann“ konzertierte, um 1888 einen Ruf des Direktors 
Valdmann, an das neugegründete Vonachertheater als 
dapellmeister einzutreten, Folge zu leisten. Da konnte er 
ich erst entfalten und da entstanden seine Lieder, die er 
ür Vosa Bauer, Elise Hofer, Josef Modl und v. a. 
chrieb, von denen seine besten: „Mir hat amol vom 
zsimmel tramt“, „Das Glück is a Vogerl“, „Die Perle 
er Frauenwelt“, „Wiener Waldvögerln“ u. v. a. sind. 
Von seinen Tanzkompositionen sind die bekanntesten 
Walzer: „Aus Oesterreichs Herzen“, „Nach Wiener 
Manier“, „Die Lebensspreitzer“. Sein letzter Walzer: 
Der letzte Tropfen“ ist heute noch jedem Konzertreper— 
oire einverleibt. Er war eine Frohnatur, voll Witz 
und Humor, ein guter Gesellschafter, einer der mar— 
tantesten Vertreter des fidelen Urwienertums. Er grün—
	        
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