Volltext: Oberösterreich (3. Band / 1928)

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Kirchenmusik. 
Als Beispiel musikalischen Eifers tu Oberösterreich um die Mitte 
des 19. Jahrhunderts diene der Markt Waizenkirchen. Dort wirkten 
unter der Leitung des Schulmeisters Josef Lanz, der ein geübter 
Klavierspieler und Geiger war und auch in vorzüglicher Weise die 
Orgel beherrschte, die beiden Lehrer Jordan Habert und sein 
jüngerer Vetter Johann Ev. Habert, der Advokat Dr. Kienzl 
und nicht lvenige andere Musikkundige aus den Bürger- und Be 
amtenkreisen sowie deren Frauen und Töchter an der Kirchenmusik 
mit. Sie erschienen auch fleißig bei den Proben. Werke der be 
rühmtesten Meister wurden aufgeführt. Dr. Kienzl lud den jüngeren 
Habert auch oft in seine Wohnung zu Gesang- und Klavierübnngen 
ein, übersiedelte aber im Jahre 1860 mit seiner Familie nach Gmun 
den. Bald darauf wurde daselbst die Stelle eines Organisten an der 
Pfarrkirche frei. Die Gattin des Doktors, die auf den musikalischen 
Unterricht ihres Söhnchens Wilhelm, das schon in Waizenkirchen dein 
Klavierspiele Haberts so gerne gelauscht hatte, bedacht war, ver 
wendete sich nun mit Erfolg beim Pfarrer von Gmunden und brieflich 
bei Habert dafür, daß dieser Organist in Gmunden wurde. Die Tätig 
keit als Schullehrer gab Habert, wie es schon früher einige Lehrer 
getan hatten, auf, um sich ganz der Musik zu widmen. Freilich über 
siedelte die Familie Kienzl bald darauf von (Gmunden nach Graz, 
als der kleine Wilhelm erst vier Jahre alt war. 
Im musikalischen Leben Gmundens in und außer der Kirche 
lvar die Tätigkeit Haberts äußerst erfolgreich. Auch als Schriftsteller 
und Komponist trat Habert bereits an die Öffentlichkeit, bevor er im 
Jahre 1868 die erwähnte Zeitschrift gründete. 
Zu dieser Gründung bewog ihn der Umstand, daß die von dem 
kunstsinnigen Chorherrn Karl Proske in Regensbnrg empfohlene 
Beschäftigung mit den Meisterwerken des 16. und 17. Jahrhunderts 
nach dessen Tode (1861) eine unbefriedigende Wendung nahm. 
Man meinte vielfach, mit einer, wenn auch unzulänglichen Nach 
ahmung jener Werke und mit dem Verzichte auf Streich- und Blas 
instrumente eine liturgisch einwandfreie Musik herstellen zu können. 
Habert vertrat nun in seiner Zeitschrift mit Nachdruck die künst 
lerischen Forderungen, die an die Kirchenmusik gestellt werden müssen, 
wenn sie des Gotteshauses würdig sein soll. Dabei zeigte er, daß 
auch Streich- und Blasinstrumente geeignet sind, den Zwecken der 
liturgischen Musik zu dienen. 
Damit erzielte er freilich keine große Verbreitung seiner Zeit 
schrift, zumal es ihm an Zeit und Geld für einen größeren Geschäfts 
betrieb fehlte. Seine Kompositionen aber wurden von fleißigen 
Kirchenchören des In- und Auslandes gerne aufgeführt. Seine 
Orgelschule, die er drucken ließ, diente in gar mancher Lehranstalt, 
z. B. in der für die Kölner Kirchenprovinz wichtigen Schule des 
Gregorius-Hauses in Aachen, als Grundlage des Unterrichtes.
	        
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