Volltext: Landsturm im Hochgebirge

In der zweiten Septemberhälfte war der Schnee 
schon meterhoch geworden; die gegnerische Einwir¬ 
kung wurde immer geringer. Der Feind schien sich 
gleich uns auf die Erhaltung seiner Höhenstellungen 
und die Vorbereitungen für die Überwinterung zu be¬ 
schränken. 
Am 28. September besichtigte der Kommandant des 
Deutschen Alpenkorps, Generalleutnant Kraft v. Del- 
mensingen, in Begleitung des Prinzen Heinrich unsere 
Stellungen und hielt sich lange auf. Einen Korps¬ 
kommandanten haben wir vorher und nachher nie mehr 
in einem so vorgeschobenen Frontteil gesehen. Er wid¬ 
mete uns warme, anerkennende Worte für die Abwehr 
des übermächtigen Gegners. Dabei orientierte er sich 
eingehend über die Möglichkeit, den vor uns aufstei¬ 
genden italienischen Col quaternä erstürmen zu kön¬ 
nen. Sein Urteil, dieses Unternehmen wäre unnötig 
und würde große Verluste kosten, entsprach voll¬ 
ständig unserer Ansicht. 
An warmen Sonnentagen saßen häufig unsere Leute 
auf abgewehten Stellen. Sie beschäftigten sich an¬ 
gelegentlich mit ihren Hemden und Unterhosen. Ihre 
Arbeit bestand im Ausflicken der beschädigten Stellen. 
Wie Schindeldächer schauten diese Kunstwerke aus. 
Die Leute pirschten auch eifrig auf Läuse, die Tiroler 
waren ja zeitlebens begeisterte Jäger. In den Nähten 
und andern versteckten Plätzchen hatte dies Wild 
sein Revier und jeder Mann besaß seine mehr oder 
weniger große Eigenjagd. Selbstverständlich blieben 
auch die Offiziere von diesem Übel nicht verschont, 
der Mangel an Wasser, das ununterbrochene Tragen 
der Monturen, auch bei Nacht, schufen die nötigen 
Grundlagen. 
In diesen kampflosen Tagen waren unsere Verluste 
kaum nennenswert, bis Kadett Salzner der 1. Komp., 
ein sehr verläßlicher, braver Offizier, unter ganz tragi¬ 
schen Umständen fiel: Nach einer Artilleriebeschießung 
durcheilte er den Schützengraben und entdeckte ein 
Gewehr, dem eine Granate den Kolben vollständig 
weggerissen hatte. Er nahm diesen seltenen Gewehr¬ 
rest zur Hand und besichtigte ihn von allen Seiten. 
Wider alles Erwarten steckte noch die Patrone im 
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