Volltext: Landsturm im Hochgebirge

Dinge. Dort saß einer beim Felsblock und flickte sein 
Hemd, ein anderer nebenbei hatte sich ein Feuerl an¬ 
gezündet und kochte irgend einen Leckerbissen, den 
ihm gerade die Post als Liebespaket zugestellt, da¬ 
zwischen lag ein dritter auf dem Bauche und schrieb 
einen Brief in die Heimat. 
Der 23. Mai 1915 brachte endlich die große Ent¬ 
spannung, die Kriegserklärung des welschen Bundes¬ 
genossen. Mit großem Jubel und siegessicherer Be¬ 
geisterung empfingen wir diese Nachricht. Die natür¬ 
liche Freude aller Truppenkörper kennzeichnete so 
recht dieses verräterische Vorgehen und erzeugte den 
unwiderstehlichen Drang, für diesen Verrat Rache zu 
nehmen. 
Der Wachdienst wurde nun wesentlich verschärft 
und der Stellungsausbau in gesteigertem Tempo fort¬ 
gesetzt. Wir hatten die Überzeugung, daß es schon in 
den nächsten Tagen zu erbitterten Zusammenstößen 
kommen müßte und es im Hinblicke auf die kleine Ver¬ 
teidigerzahl verzweifelte, aber heroische Kämpfe geben 
würde. Lächerlich klein war ja die Besatzung an der 
langen italienischen Front, alles zusammen dürften 
kaum mehr als 75.000 Mann an der Grenze gestanden 
sein. Der Hauptsache nach waren es mangelhaft aus¬ 
gebildete Standschützenformationen, dazu kamen noch 
schwache Gendarmerieassistenzen und den Rest bil¬ 
deten Landsturmtruppen. Umso größer war das all¬ 
gemeine Erstaunen, als die Italiener im langsamsten 
Schneckentempo heranschlichen. 
Fieberhaft arbeitet man am Ausbau einer zweiten 
Linie, erzählte man uns, die weit, weit zurück am 
Brenner und nördlich des Pustertales verlaufen sollte. 
Niemand hielt es doch für möglich, daß die erste Linie 
mit diesen schwachen Kräften gehalten werden könnte. 
Sie war ja nur zu dem Zwecke geschaffen, den An¬ 
marsch der Italiener zu verzögern, aber nicht aufzu— 
halten. Unserm Divisionär Goiginger in Bruneck soll 
das Verdienst gebühren, daß die erste Linie zur Haupt¬ 
stellung ausgebaut und gehalten, ja an vielen Punkten 
noch vorgeschoben wurde. 
Unterdessen setzte der Italiener sein Vorrücken 
im langsamstenTempo fort und nahm äußerst vorsichtig 
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